Die grüne Wiese ist – zurzeit ein brauner Acker. Beim Gang um den Bauplatz zeigt Guido Spenrath, wo genau die Werkshalle des neuen Stahl-Service-Centers von Stahlo errichtet wird. Zu sehen ist bis auf erste Vorbereitungen: nichts. Doch der Geschäftsführer der Stahlo Stahlservice GmbH & Co. KG hat alles im Kopf: wo die Coils über den Gleisanschluss angeliefert und von den Kranen weitgehend autonom weitertransportiert werden – bis hin zum Standort der Spaltbandanlagen. Die gesamte Intralogistik.
Stahlo, Tochterunternehmen der Friedhelm Loh Group und eines der modernsten und größten werksunabhängigen Stahl-Service-Center in Deutschland, bereitet sich am Standort Gera gerade auf die Errichtung eines komplett neuen Werks vor – direkt neben dem bisherigen Gelände. Anfang 2019 soll der neue Standort produktiv gehen. „Nach eingehender Prüfung hat sich Gera als idealer Standort in der Nähe der wichtigen Märkte erwiesen. Ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung waren auch die Mitarbeiter am Standort, auf die wir weiterhin setzen wollten“, erläutert Spenrath.
Die Investition entspricht der veränderten strategischen Ausrichtung des Stahl-Service-Centers. „In den vergangenen Jahren ist Stahlo stark gewachsen“, so Spenrath. Das neue Werk soll ein Wachstumsstandort werden. So wird Stahlo in Gera nicht nur die Zahl der Anlagen verdoppeln, sondern auch die Produktionskapazitäten auf jährlich rund 400.000 Tonnen erhöhen. Die Errichtung eines neuen Standorts kommt zu einem Zeitpunkt, an dem sich die industrielle Produktion gerade stark verändert – insbesondere die Automobilindustrie. Mit dem neuen Stahl-Service-Center gibt Stahlo Antworten auf diese Herausforderungen. Vier Beispiele:
Hoch- und ultrahochfeste Stähle sind Trend
Die Automobilindustrie setzt angesichts der Emissionsvorgaben auf Leichtbau. Ideal geeignet sind dazu hoch- und ultrahochfeste Stähle. Bis 2030, so ein aktuelles Whitepaper von Eurometal, dem europäischen Verband der Stahldistribution, steigt der Anteil dieser Stähle im Automobilbau deutlich um etwas mehr als das Doppelte. Zudem werden die aus diesen Stählen gefertigten Teile zunehmend dünner und schmaler. Auf diesen Trend ist Stahlo bereits jetzt eingerichtet. Seit 2004 verarbeitet Stahlo in Gera ultrahochfeste Stähle mit bis zu 1.400 Megapascal (MPa). Zum Vergleich: Standardstähle haben demgegenüber eine Festigkeit bis etwa 500 MPa. Am neuen Standort wird nun eine zweite Spaltanlage in Betrieb genommen, auf der Stähle bis zu 1.900 MPa verarbeitet werden können. „Das ist europaweit einmalig“, sagt Guido Spenrath. „Mit der neuen Anlage können wir zudem breiteres Material einfahren und schmaler produzieren“, so der Geschäftsführer weiter.
Auch bei der Elektrofahrzeugproduktion setzt man auf diese Leichtbaumaterialien. Stahl-Service-Center sollten Eurometal zufolge ihre Strategie an diese Veränderungen anpassen und erwägen, speziell in Prozesse für diesen Bedarf zu investieren. Erste Schritte in der Elektromobilität hat Stahlo übrigens schon gemacht – und auch dabei die Nase vorn gehabt: als Zulieferer eines neuen Elektrolieferfahrzeugs.
Alternative Materialien im Kommen
Neben dem Stahlleichtbau fällt der Blick der Produzenten immer wieder auch auf alternative Werkstoffe. Bedeutung für die Automobilproduktion hat insbesondere Aluminium – mit wachsendem Trend. Die Unternehmensberatung McKinsey rechnet damit, dass bis 2025 rund 770.000 Tonnen Aluminiumflachprodukte in der europäischen Automobilproduktion eingesetzt werden. Das wäre in etwa eine Verdopplung gegenüber heute. Eurometal empfiehlt den europäischen Stahl-Service-Centern daher unter anderem, die Verarbeitung von Aluminiumflachprodukten in Erwägung zu ziehen.