Text Christiane Engelhardt ––– Fotografie
Herr Hindermann, LKH fertigt mit mehr als 50 hochmodernen Spritzgussmaschinen und rund 200 Mitarbeitern am Standort Deutschland. Lohnt sich das denn? Immerhin werden bereits rund 70 Prozent aller Spritzgussteile in Asien gefertigt. Ja, die Fertigung lohnt sich. Aber sie lohnt sich nur noch unter veränderten Vorzeichen. Diese muss man erkennen und danach handeln.
Erklären Sie uns das bitte? Einen Bauchladen unterschiedlichster Bauteile in der Hoffnung zu produzieren, dass irgendetwas davon schon zum Kunden passen wird, funktioniert ganz sicher nicht mehr. Aber wer exzellent im Operativen und spitze im fokussierten Anwendungs-Know-how ist, wird seine Kunden auch langfristig begeistern.
Ein Beispiel? Wir denken mit dem Kunden und entwickeln unsere Produktionstechnologie permanent weiter. Mit unserem Maschinenpark, den wir ständig erneuern und erweitern, produzieren wir heute filigrane Kleinelemente ebenso wie robuste Fahrzeugkomponenten. Ein Beispiel für unser Prozess-Know-how: Wir fertigen etwa Luftfedersysteme für die Automobilindustrie aus Kunststoff mit umspritzten Metallkomponenten. Dafür haben wir unser Verfahren so weiterentwickelt, dass es kaum Unebenheiten im Bereich der Schweißnähte an den Materialübergängen mehr gibt. Diese spezielle Expertise im Präzisionsspritzguss finden sie woanders nicht so schnell und vor allem: nicht so effektiv.
Stichwort: Schnelligkeit, oder besser gesagt: Zeitersparnis in der Kundenanwendung – das ist ein wichtiger Wettbewerbsvorteil in der Industrie … Ganz genau, an dieser Stelle wird besonders gut deutlich, wie LKH tickt: Was nutzt unseren Kunden? Nicht nur auf der Produktebene; wir denken weiter – was kann ihm darüber hinaus im Tagesgeschäft einen Mehrwert bringen?
Wie fließt diese Haltung in die LKH-Produktentwicklung ein? Wir haben zum Beispiel für einen großen Maschinenbauer eine Lösung entwickelt, Metallteile auf Kunststoffteile umzukonstruieren. Mit dieser Neuentwicklung spart der Kunde einiges an Kosten ein, besonders weil die Fertigungsintegration vor Ort zugunsten einer effizienteren Montage optimiert werden konnte. Die positiven Rückmeldungen aus der Montagepraxis spornen uns an und bestätigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Hört sich so an, als erfände LKH sich neu? So habe ich es selbst kürzlich ausgedrückt. Und es stimmt. Einige Veränderungen sind bereits unübersehbar: Zum Beispiel legen wir heute unsere Anlagen streng nach den Anforderungen unserer Kunden aus. Die Antwort „Das können wir nicht“ werden Sie von uns nur in den seltensten Fällen hören. Und auch mit suboptimalen Produkten geben wir uns nicht zufrieden. Da hat sich auch in den Köpfen der Mitarbeiter vieles geändert – die Kundenzufriedenheit steht für uns ganz klar an erster Stelle.
Sie fahren eine massive Qualitätsoffensive? Ganz bestimmt! Nehmen Sie nur dieses Beispiel: Innerhalb eines Jahres haben wir unseren Fertigungsausschuss halbiert. Was besonders auf die Optimierung unserer Produktionsprozesse zurückzuführen ist.
Was kann der Kunde im Hinblick auf die Prozessoptimierung bei LKH noch erwarten? Das lässt sich gut unter der Maxime „Erst das Produkt und dann die Maschine“ zusammenfassen. Heute ist es unser Ziel, Verfahrenstechnik und Werkzeugtechnik in Einklang zu bringen – ein ganz wichtiger Punkt innerhalb unserer strategischen Neuausrichtung. Ganz wichtig ist auch, dass wir nicht mehr hauptsächlich in Output-Volumina denken, sondern in effizienten Prozesstechnologien. Und wir holen uns Know-how von außen ins Unternehmen, beispielsweise im Werkzeugbau.
Ist das Teil Ihrer sogenannten Build-and-buy-Strategie? Ja. Es gibt ein Aufbaupotenzial im Unternehmen, also „Build“, das wir bis 2021 heben möchten und werden. Um Aussagen zu „Buy“ treffen zu können, ist es noch zu früh. Zunächst konzentrieren wir uns mit aller Kraft darauf, unser Know-how in den Bereichen zu verstärken und unseren Maschinenpark dort zu erweitern, wo wir bereits erfolgreich sind. Wir haben den Blick auf unsere Bordmittel geschärft und nutzen diese heute weitaus besser aus als noch vor einem Jahr. Man kann nur wachsen, wenn man das operative Geschäft versteht und im Griff hat.
Warum dieser Wachstumsdruck?Sie sind doch als A-Lieferant für Rittal, ebenfalls ein Unternehmen der Friedhelm Loh Group, in einer ganz kommoden Situation?
Danke für diese Frage. Das denken viele, aber glauben Sie wirklich, der international größte Hersteller für Schaltschranksysteme wäre nur deshalb unser Kunde, weil er Tochter der gleichen Muttergesellschaft ist? Sicher nicht. Rittal bezieht Kunststoffprodukte von uns, weil wir in der kundenspezifischen, anwendungsorientierten Entwicklung fit sind und Qualitätsergebnisse liefern. Und das müssen wir mit jeder Lieferung neu beweisen, so wie wir es in anderen Branchen und Märkten auch tun müssen.
Das klingt wie eine Steilvorlage für eine abschließende Botschaft. Gerne: Wir sind bestens für neue Zielmärkte, besonders im Automotive-Segment, aufgestellt. Wir wachsen. Und wir werden jeden Tag besser.