Das Magazin der Friedhelm Loh Group

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Rittal ePocket
Innovation – Rittal

Alles klar im Service-Fall?

Geht man im Product Lifecycle einer Steuerungs- und Schaltanlage von 15 Jahren aus, dann ist die Papierdokumentation in der Regel veraltet. Zahllose Servicetechniker haben Notizen zu Revisionen, ausgetauschten Bauteilen etc. hinterlassen. Das kostet im Fehler- oder Umbaufall wertvolle Zeit. Aus diesem Zustand wollen alle heraus. Wir haben darüber mit Sebastian Seitz, Geschäftsführer bei Eplan, und Uwe Scharf, Geschäftsführer Business Units und Marketing bei Rittal, gesprochen.

Text Ulrich Kläsener, Hans-Robert Koch, Steffen Maltzan ––– Fotografie

Mit Rittal ePocket bieten Eplan und Rittal eine digitale Schaltplantasche an. Wer soll davon profitieren?

Scharf: Mit ePocket adressieren wir sowohl Steuerungs- und Schaltanlagenbauer als auch Verantwortliche für die Maschinen und Anlagen, zuletzt die Instandhalter der Fertigungsindustrie. Alle haben ihre Rollen im Ökosystem der industriellen Automatisierung, jeder profitiert auf seine Weise von ePocket.

Seitz: Hinzu kommt der klare Vorteil für die Umwelt. Eigentlich müsste man heute, wenn Maschinen und Anlagen geliefert werden, gleich noch einen Baum als Ausgleichsmaßnahme pflanzen. Das Papier, das für die Dokumentation gedruckt wird, füllt gefühlt einen halben Lkw.

Wie sieht Ihr Gegenentwurf aus?

Scharf: Die gültigen Vorschriften in der Elektrotechnik erzwingen häufig eine Flut an Papier. Eine 50-seitige Dokumentation für eine einzelne Klemme: wofür? Oder die Schaltplanunterlagen. Die finden sich klassischerweise ausgedruckt in einer Plastiktasche auf der Türinnenseite, ebenso wie drei oder vier dicke Ordner im Schaltschrank, die obendrein eine zusätzliche Brandlast darstellen. Das ist kein Zustand. Wir setzen mit ePocket auf den digitalen Gegenentwurf – und den Einsatz von QR-Codes.

Welche Vorteile hat ePocket konkret im Service- oder Umbaufall?

Seitz: Über einen QR-Code am Schaltschrank können Anwender einfach auf die Anlagendokumentation inklusive digitalem Zwilling in der Eplan Cloud zugreifen. Im Fehler- oder Umbaufall geht es darum, sofort das Richtige zu tun: Daten möglichst schnell zu validieren und zu kontextualisieren – da ist eine lückenlose Eplan Dokumentation eine Riesenhilfe.

Scharf: Damit lassen sich Fehler schnell lokalisieren, defekte Komponenten bestimmen und austauschen. Im Störfall brauchen Anlagenbetreiber maximale Treffsicherheit bei minimalem Zeitaufwand.

Dokumentationen auf dem aktuellen Stand zu halten, wie funktioniert das mit ePocket?

Seitz: Das Stichwort ist Redlining. Was der Instandhalter in ePocket grob vermerkt hat, kann derjenige, der für die Projektierung zuständig ist, prüfen, bei Bedarf Korrekturen einarbeiten und die Änderungen im finalen Plan übernehmen. Damit ist der Datenbestand konsistent und aktuell. Rittal ePocket ist so dynamisch wie der Betrieb des Schaltschranks selbst. Alle können jederzeit von beliebigen Endgeräten darauf zugreifen. Das betrifft auch den Einkauf, wenn er Ersatzteile bestellen will.

Welche Vorteile hat der vorgelagerte Steuerungs- und Schaltanlagenbau?

Scharf: Rittal ePocket eröffnet mehrere Chancen. Wenn der Anlagenbauer mit seinem Kunden vereinbart, dass die digitale Schaltplantasche das einzige Übergabemedium ist, dann spart er u. U. Tausende Euro an Aufwand, die sonst bei Druck und Zusammenstellung der Dokumentation anfallen. Zudem verbleibt er als wesentlicher Spieler in diesem Ökosystem, jetzt auch in der Betriebsphase. Speziell bei großen Umbau- und Instandhaltungsarbeiten werden oft Externe mit hinzugezogen. Sie können ihre Technologiepartnerschaft mit dem Betreiber stärken. Schließlich kann der Anlagenbauer bei Zugriffsrechten den Schaltschrank ein Produktleben lang begleiten. Vorteil: Initiativ kann er dem Betreiber nach Jahren z. B. eine neue Klimatisierungslösung empfehlen, die den Stromverbrauch drastisch reduziert. Und er kann dem Betreiber auch Wartungsmaßnahmen anzeigen oder Tipps zu Recycling oder Zero-Waste-Konzepten geben. Das ist heutzutage alles enorm relevant.

Stichwort Ökologie und CO2- Footprint: Ist der auch schon in Rittal ePocket hinterlegt?

Seitz: Noch nicht, zumal noch kein Standard dafür existiert. Wir arbeiten allerdings mit Hochdruck daran, jetzt schon Grundlagenarbeit zu leisten, auch auf Anregung von Großkunden und angesichts schärferer Zertifizierungen. Das betrifft den CO2- Footprint verbauter Komponenten ebenso wie den CO2-Footprint von Zusammenbau, Anlieferung und Installation. Gemeinsam mit Rittal und dem ZVEI sind wir in einem Forschungsvorhaben zum digitalen Zwilling des Schaltschranks engagiert, der auch Angaben zum CO2-Footprint enthalten soll. Das ist ein sehr guter Ansatz, weil sich im Moment alle nur auf den CO2-Fußabdruck im Betrieb der Anlagen konzentrieren.

Rittal ePocket ist in der Eplan Cloud gespeichert – die Sicherheitsfrage stellt sich quasi von selbst.

Seitz: Die Eplan Cloud wird nach aktuellsten Sicherheitsstandards gehostet. Unser Security-Operations-Team führt regelmäßig Tests durch, um die Sicherheit der Systeme und Infrastrukturen proaktiv zu überprüfen. Hinzu kommt, dass nur die Dokumentation des Schaltschranks, u. a. in Form des Verdrahtungsplans, in der Cloud zur Verfügung gestellt wird – ein Zugriff auf die Maschine oder ihre Steuerung ist nicht möglich. Das Ganze läuft komplett unabhängig vom Betrieb der Anlage.

Scharf: Rittal ePocket speichert in einem definierten Bereich innerhalb des Eplan Ökosystems alle Projektdaten, strukturiert und versieht sie mit entsprechenden Zugriffsrechten. Beteiligte können je nach Berechtigung auf Stromlaufpläne, I/OListen, Layouts zur Produktion, klimatechnische Auslegungen und Normen, Produkt- und Projektdokumentationen, Wartungshandbücher etc. zugreifen. Und natürlich auch neue, aktuelle Informationen hinterlegen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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