Das Magazin der Friedhelm Loh Group

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Prozessprüfung im Maschinen- und Anlagenbau
Innovation – Cideon

Cideon checkt Potenziale

Prozessabläufe. Wie ein Gesundheitscheck beim Arzt des Vertrauens: Der Engineering Quick-Check von  Cideon– ein Unternehmen der Friedhelm Loh Group – prüft die Konstruktionsprozesse im Maschinen- und Anlagenbau auf Herz und Nieren.

Text Ulrich Kläsener ––– Fotografie

Von Anamnese über Diagnose bis kompletter Behandlungsplan, selbst­verständlich unter Berücksichtigung spezifischer Disposition, aktueller und früherer Probleme sowie von ­Ri­sikofaktoren – die Analogie des Gesundheitschecks zum Engineering Quick-Check (EQC) ist auffällig. „Unsere Auftraggeber sind allerdings keine Patienten“, sagt ­Gerhard Wulff, ­Leiter Produktmanagement Engineering bei Cideon, und schmunzelt. „Für uns sind sie Hochleistungssportler, primär aus dem Maschinen- und Anlagenbau, die ihre Performance verbessern ­wollen. Es kommen aber auch Unternehmen zu uns, die Probleme vage verorten, das Verbesserungspotenzial aber nicht verifizieren können.“

Der EQC ist eine kompakte, interdisziplinäre Analyse für Unternehmen mit eigener Produktentwicklung. Betrachtet wird das Engineering der Maschinen- und Anlagenbauer zunächst als Einzelinstanz, dann im Zusammenspiel mit den anderen Abteilungen wie Vertrieb, Arbeitsvorbereitung, Fertigung oder Einkauf. Der EQC schafft die Grundlage für einen effizienten Engineering-Prozess und ist auch geeignet für den Fall, dass ein Systemwechsel beziehungsweise ein Update der CAD-/CAE-Software oder die Einführung eines Datenmanagementsystems im Produktlebenszyklus ansteht. Auf Basis von Interviews, Workshops und einem Schulterblick erhalten Führungskräfte und Anwender konkrete Handlungsempfehlungen für optimiertes Technologie- und ­Prozessmanagement. „Wir erstellen eine Top-down-Gesamtschau mit technisch-methodischem und betriebswirtschaftlichem Fokus“, so Wulff, „daher sind die Ergebnisse nicht nur für etwa den Konstruktionsleiter von Interesse, sondern auch für die Geschäftsführung.“ Eine Ergebnispräsentation vor der Geschäftsführung ist obligatorischer Bestandteil des EQC, „ansonsten werden wir nicht tätig“, so Wulff.

Mit offenen Armen empfangen

Angetan vom kompetenten Ansatz mit tiefem Engineering-Knowledge zeigte sich zuletzt Alexander Remes, Geschäftsführer der IEM Fördertechnik GmbH. IEM Fördertechnik – eines von deutschlandweit 83 Unternehmen, die den EQC bereits absolvierten – entwirft, entwickelt und produziert im oberpfälzischen Kastl Fördertechnikanlagen für Schüttgut und Stückgut. Beim EQC vor Ort kristallisierten sich drei Handlungsfelder heraus: die Standardisierung der Produktentwicklung, eine optimierte Methodik beim CAD-Einsatz sowie die notwendige Durchgängigkeit von Daten und Workflows im Produktdatenmanagement. Alexander Remes, der IEM Fördertechnik im Jahr 2014 übernahm, ist überzeugt: „Der Engineering Quick-Check wurde effizient durchgeführt. Das Ergebnis hatten wir nach eigener ­Analyse zwar in etwa so erwartet, allerdings fehlte uns die Kompetenz, die Opti­mierungspotenziale heben zu können.“ ­Mehrfach sei zum Beispiel der 3D-Ansatz in den Vorjahren bei der IEM Fördertechnik versandet. „Die Gründe waren vielschichtig, sicher waren die Hauptursachen die mangelnde Erfahrung und Kompetenz im eigenen Haus und eine nicht strukturierte Vorgehensweise.“

„Jede Position hält schon bei isolierter Betrachtung erhebliches Optimierungspotenzial vor. Wirklich spannend wird es meist im Bereich Schnittstellen und Berührungspunkte. Hier sind durchgängige Workflows mit reibungslosem Datenaustausch gefordert.“


Gerhard Wulff
Leiter Produktmanagement Engineering bei Cideon

Aktuell geht es strukturiert voran: Nach der Einführung des 3D-Engineerings wird ein neues Datenmanagementsystem implementiert, „das in der Kombination die tatsächliche Arbeitsentlastung bringt“, sagt Remes. „Wir können nun aus dem Engineering heraus alle Fertigungsunterlagen wie Zeichnungen und Stücklisten direkt ableiten und gewinnen eine enorme Effektivität vor allem im Bereich der Arbeitsvorbereitung. Es wird bald auch möglich sein, die 3D-Daten direkt an die Maschinen zu senden, ohne dass Zeichnungen erstellt werden müssen.“ Unter den Mitarbeitern der involvierten Abteilungen herrsche Aufbruchstimmung. „Der Ansatz mit durchgehender Digitalisierung ist mit offenen Armen empfangen worden, auch dank der professionellen Einführung.“

Menschen, Systeme, Prozesse

Engineering – das begreift der EQC als Einheit der drei kritischen Faktoren Menschen, Systeme und Prozesse. Leitfragen gibt es reichlich: Sind die Systeme in der Lage, die tatsächlichen Anforderungen abzudecken? Funktionieren die Schnittstellen von IT-Baustein zu IT-Baustein? Wie wird die Software angewendet? Sind die etablierten Methoden geeignet, um die Anforderungen zu erfüllen? Werden die Systeme einheitlich und nachvollziehbar genutzt? Gerhard Wulff erläutert: „Jede Position hält schon bei isolierter Betrachtung erhebliches Optimierungspotenzial vor. Wirklich spannend wird es meist im Bereich Schnittstellen und Berührungspunkte. Hier sind durchgängige Workflows mit reibungslosem Datenaustausch gefordert. Denn Durchgängigkeit ist unentbehrliche Grundlage für smarte Produktentwicklung und Produkte.“

  • Drei Fragen an

    Drei Fragen an

    Alexander Remes
    Bergbau- und Wirtschaftsingenieur,
    Geschäftsführer IEM Fördertechnik GmbH

    Die Ergebnisse des Engineering Quick-Check werden der Ge­schäfts­führung präsentiert. Ist
    das sinnvoll?

    Das halte ich für selbstverständlich. Uns ist das Thema durchgehende Digitalisierung einfach zu wichtig. Deshalb ist auch 3D-CAD heute kein Nice-to-have mehr. Im Gegenteil: Wer beim Engineering professionell beginnt, kann mit Kunden, Partnern und Zulieferern auf lange Sicht viel effizienter kommunizieren. Zumal im Engineering die Basis für die papierlose, digitale Fertigung gelegt wird.

    Der EQC ermittelt Potenziale bei der Engineering Automation. Welche Erkenntnisse hat IEM gewonnen?
    Früher gab es bereits Baukastensysteme, die mit der CAD-Einführung allerdings verschüttgegangen sind. Hier müssen wir wieder ansetzen. Positiv überrascht haben uns diesbezüglich die Vorschläge von Cideon zum Denken in regelbasiert konfigurierten Baugruppen, und das selbst bei Sonderkonstruktionen.

    Wie sagen Ihre Mitarbeiter?
    Die Zufriedenheit der Projektmitarbeiter hat sich deutlich erhöht. Wir haben Teams gebildet und informieren ­regelmäßig über den Projektstand. Gutes Changemanagement ist wichtig für die Akzeptanz.

     

Wie smart eine Produktentwicklung wirklich abläuft, lässt sich unter anderem an der Produktivität einzelner Abteilungen und der Qualität des Datenstroms von ­Forschung und Entwicklung über Konstruktion und Fertigung bis Vertrieb, Inbetriebnahme und Instandhaltung ablesen. Mit dem EQC wird daher die Kompatibilität von Mensch, IT-System und Prozess untersucht. Neuralgische Punkte sind die Handhabung der Systeme durch die Mitarbeiter, die Akzeptanz der Prozesse im Unternehmen und die Übereinstimmung von IT-Systemen und Prozessen. Der beste Indikator für Fehlentwicklungen an den Schnittstellen ist die Abweichung von Soll- und Istzustand im Praxisalltag. Wulff: „Die besten Prozesse laufen ins Leere, wenn kein Mitarbeiter sie anwendet. Das liegt meist daran, dass die Systeme die Prozesse umständlich oder unzureichend abbilden.“ Potenziert wird das Problem häufig, wenn die IT-Systeme redundante Arbeitsweisen und Medienbrüche zulassen. Die Daten sind in der Folge weder konsistent noch echtzeitnah verfügbar. Heißt auch: Das Ideal des smarten ­Produkts gerät ins Wanken, weil sein Fundament – Daten höchster Qualität – bröckelt.

Verluste an den Schnittstellen

Nehmen wir die Schnittstelle Mensch-Mensch. Hier ist Pragmatismus gefordert, schließlich beginnt defizitäre Kommunikation auf Basis unterschiedlicher Datenstände beim Dialog der Engineering-Disziplinen Mechanik, Elektrotechnik und Software untereinander. „Das ist historisch bedingt“, erläutert Sebastian Seitz, Geschäftsführer von Cideon und der Schwestergesellschaft Eplan. „Der Einsatz von Expertensystemen seit den 1990er-Jahren hat die Produktivität der Abteilungen zwar signifikant gesteigert, bei Kommunikation und Kollaboration gibt es allerdings noch erheblichen Handlungsbedarf. Was nicht verwundert, wenn der eine baugruppenorientiert, der zweite funktionsorientiert und der dritte modular arbeitet.“ Um Durchlaufzeiten und Änderungsaufwände zu reduzieren, müssen Elektroplaner, Maschinenbauingenieure und Softwareentwickler ihre Daten abgleichen und dies in allen Sprachen, damit jeder die geteilte Information versteht. „Dann ist paralleles Arbeiten – Mechatronik im besten Sinn – möglich“, so Wulff.

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