Das Magazin der Friedhelm Loh Group

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Start-ups in der Stahlbranche
Praxis – Stahl

Ein Start-up setzt sich durch

Profile am Bau. Als Start-up in einen gut besetzten Anbietermarkt mit extrem standardisierten Produkten einzubrechen – dazu braucht es mehr als Mut. Mit frischen Ideen und starken Partnern wie Stahlo ist das dem niederländischen Unternehmen Nedprofielen mit der Produktion von Stahlblechprofilen für den Trockenausbau gelungen. Nach nur einem Jahr Echtbetrieb berichtet Geschäftsführer Gert-Jan van der Ham von schnell wachsenden Produktionsmengen und einem Break-even in Sichtweite. Wie er das geschafft hat, erzählt er im Interview.


Text Meinolf Droege ––– Fotografie

Herr van der Ham, wie kommt man auf die Idee, in einen Markt einzusteigen, der mehr als gut besetzt ist und sehr dünne Margen verspricht, wie das bei U- und C-Profilen für den Trockenausbau der Fall ist? Ich komme aus einem Unternehmen, das jedes Jahr große Mengen solcher Stahlprofile eingekauft und verbaut hat, und kenne deshalb den Markt recht gut. An den Produkten hat sich seit Jahrzehnten kaum etwas verändert und der Markt wird zumindest in den Niederlanden von sehr wenigen Unternehmen beherrscht. Hier haben wir mit einigen neuen Ideen Chancen gesehen – und sie nach gründlicher Vorbereitung ergriffen.

„Bei der Zusammenarbeit mit Stahlo profitieren wir vom technischen Know-how, weltweiten Quellen und Insiderwissen bei der Qualität.“

Gründliche Vorbereitung und neue Ideen heißt was konkret? Für uns war klar: Wenn wir es machen, müssen wir es sehr gut machen und vor allem besser als die Platzhirsche. Das betrifft Anlagentechnik, Materialien, Prozesse und Produkte. Nach ersten Kontakten zu Stahlo im Jahr 2014 wurde eine mögliche Strategie zur Stahlblechversorgung entwickelt. Dabei haben wir auch Strategien über die Anlaufphase hinaus diskutiert, wie das Verringern der Blechdicke von den heute üblichen 0,6 Millimetern ohne Festigkeitsverluste. Da wir den Stahl pro Tonne einkaufen, die Profile aber pro Meter verkaufen, zählt in diesem margenschwachen Markt jeder Hundertstel Millimeter. Hier haben wir das technische Know-how von Stahlo ebenso genutzt wie den Zugriff des herstellerunabhängigen Händlers auf weltweite Quellen und das Insiderwissen hinsichtlich Kosten und Qualitäten. Bei der Anlagentechnik haben wir uns recht schnell auf einen führenden Hersteller von Maschinen für die Bearbeitung von dünnen Blechen festgelegt. Er bietet zudem die Option, neueste Technologien des Maschinenherstellers nachzurüsten, um – bei erhöhten Profilsteifigkeiten – weitere Wanddicken­anpassungen zu realisieren. Auch hier wird die technische Zusammenarbeit mit Stahlo gefragt sein.

Noch einmal zurück zum Stahlblech: Aktuell kommen Standardqualitäten zum Einsatz. Welche Anforderungen stellen Sie darüber hinaus? Schon vergleichsweise geringe Abweichungen bestimmter mechanischer Werte verändern das Laufverhalten des Bandes in der Anlage, auch wenn sie allen Normen entsprechen. Stahlo liefert uns hinsichtlich Festigkeit, Streckgrenze, Bruchdehnung und Beschichtungsdicke präziser spezifizierte Stahlbänder. Das brauchen wir, um die Formanlage prozesssicher mit maximaler Leistung fahren zu können.

Persönliches Know-how — Auch mit einer voll automatisierten Prozesskette – von der individuellen Bestellung über die Kapazitätsplanung bis zur Rechnungs­erstellung – ist Teamarbeit bei Nedprofielen Programm.


Stichwort Prozesssicherheit: Sie nannten eingangs bessere Prozesse als Erfolgskriterium. Was meinen Sie damit? Wir beliefern fast nur große Innenausbauer und einige auf den Innenausbau spezialisierte Händler. Diesen Kunden bieten wir einen extrem schnellen und flexiblen Service für das Bestellen individueller Profillängen. Sie bestellen bei uns mit wenigen Mausklicks millimetergenau abgelängte Profile. Und so wird aus einem einfachen Standardprodukt ein sehr individuelles. Damit spart der Kunde direkt, weil er nur so viele Meter bezahlt, wie er wirklich benötigt. Zudem wird die Arbeit auf der Baustelle erheblich beschleunigt und Entsorgungskosten für den Verschnitt entfallen. Dem Kunden wird bei der Bestellung Preis und Liefertermin genannt – und das typischerweise in wenigen Tagen. Wir haben mit viel Aufwand die Prozesskette von individueller Bestellung über die Kapazitätsplanung bis zur Auslieferung und Rechnungsschreibung voll automatisiert. Im Oktober 2016 haben wir mit einem Kunden begonnen, um diese komplexen Prozesse ausführlich zu testen. Seit Anfang 2017 läuft der Betrieb kontinuierlich hoch.

Wie hoch? Bis Ende des Jahres werden wir weit mehr als 1.000 Tonnen Profile produziert und verkauft haben. Und ich erwarte im kommenden Jahr eine hohe zweistellige Wachstumsrate. Aktuell sprechen wir mit Stahlo über Maßnahmen, um noch höhere Flexibilität zu ermöglichen. Das hat Stahlo übrigens immer schon bewiesen: In der Anlaufphase hat Stahlo Material geliefert, obwohl unser Unternehmen noch nicht rechtskräftig gegründet war. Auch für solche Probleme wurden sehr pragmatische Lösungen gefunden.

Wo sehen Sie außer bei der Verringerung der Blechdicke noch Potenziale? Auch beim Standardprodukt Profil lässt sich die Wertschöpfung noch weiter steigern. Im Prinzip geht es immer darum, das Handling auf der Baustelle zu vereinfachen, um den Lohnkostenanteil zu drücken. Der Einsatz individueller Profillängen ist ein sehr wichtiger Schritt. Aktuell experimentieren wir außerdem mit innovativen, deutlich schnelleren Montagesystemen, um die Kosten pro Quadratmeter Fläche deutlich zu senken. Ein weiterer möglicher Schritt ist das Konfektionieren und Ausliefern kompletter Raumausbau­pakete für das immer häufigere Umbauen von Bürogebäuden zu Wohnungen oder für Sanierungsprojekte in Hotels. Und wir haben noch weitere Ideen in der Pipeline.

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