Das Magazin der Friedhelm Loh Group

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Interview mit Jannik Kunzel von TESVOLT
Praxis – Anlagenbau

Der Schrank ist Teil unseres Sicherheits­konzeptes

Wenn Strom aus Sonne und Wind nicht verfügbar ist, sorgen Energiespeicher für eine stabile Stromversorgung. Ebenso stabil und sicher muss auch deren Schranktechnik sein – und noch vieles mehr. Warum die TESVOLT AG aus Wittenberg seit Jahren schon über den Tellerrand blickt und mit Rittal gemeinsam Lösungen entwickelt, wollen wir von Jannik Kunzel, Produktmanager bei TESVOLT, wissen.

Text Annedore Bose-Munde ––– Fotografie

Herr Kunzel, warum sind Energiespeicher gerade jetzt so im Aufwind?

Energiespeicher unterstützen grundsätzlich ein effizientes Energiemanagement. So lässt sich der Eigenverbrauch optimieren, indem zum Beispiel Strom, der tagsüber über PV-Anlagen bereitgestellt wird, eingespeichert und dann nachts oder in Schattenzeiten genutzt wird. Auch die Lastspitzenkappung ist ein klassischer Anwendungsfall. Wenn Kühlaggregate anlaufen oder viele Fahrzeuge gleichzeitig geladen werden, können die Speicher genau zu diesem Zeitpunkt die auftretenden Lastspitzen kappen.

In bestimmten Ländern gibt es zudem zeitabhängige Stromtarife. Hier haben wir eine Time-of-use-Funktion umgesetzt. Der Speicher lädt sich zu den Zeiten auf, in denen der Strom günstig ist, und wird in den Zeiten entladen, in denen er teurer ist. Mittels Speicher kann eine Nulleinspeisung am Netzanschlusspunkt realisiert werden, die unter Umständen einen teuren Ausbau des Netzanschlusses verhindern kann.

Energiespeichersysteme sind technisch anspruchsvoll – welche Rolle spielt das Schranksystem?

Eine wichtige, um es gleich zu sagen. Einer der ersten Schritte für uns ist, einen Schrank zu finden, der auch zur Batterietechnik passt. Dabei muss das Schranksystem grundsätzliche Anforderungen an den Berührungsschutz erfüllen. Eine passende IP-Schutzklasse ist wichtig sowie natürlich das Erdungskonzept. Das Schranksystem ist auch Teil des TESVOLT- Sicherheitskonzeptes. Unsere Systeme werden immer durch den TÜV zertifiziert – da wird der Schrank mit einbezogen. Zudem sollte der Schrank aufgrund der schweren Batteriemodule sehr robust sein.

Welche Lasten muss ein Schrank eigentlich schultern können?

Das größte System, welches wir derzeit einsetzen, umfasst 12 Batteriemodule mit je 56 Kilogramm sowie die erforderliche Peripherie. Das sind etwa 600 bis 700 Kilogramm. Dazu kommt das Eigengewicht des Schranks mit zirka 150 Kilogramm. Entsprechend stabil muss das Schranksystem gebaut sein, um sich nicht zu verbiegen. Da unsere Systeme skalierbar sind, müssen die Schränke etwa durch Anreihung ebenfalls erweiterbar sein. Wichtig ist zudem ein simples Handling – unsere Module müssen sich einfach einbauen lassen.

Hohe Performance auf kleinem Raum

Die Batteriespeichersysteme der ESerie von TESVOLT (oben im Bild) zeichnen sich durch eine besonders hohe Energie­dichte aus. Sie sind mit der neuesten Generation Lithium-Ionen-Akkus von Samsung ausgestattet, die kombiniert mit dem Dynamix Battery Optimizer (DBO) für eine hohe Performance bei geringem Platzbedarf sorgen. Verbaut sind die Module im VX25 Schranksystem von Rittal. Umgesetzt wurde dabei auch ein neu entwickeltes Lüftungskonzept.

Ab wann kommt der Schrank bei der Entwicklung ins Spiel?

Wenn wir ein neues Produkt-Konzept erstellen, kommt schnell die Frage nach dem Gehäuse. Es folgt ein Lastenheft, in dem alle Anforderungen definiert sind. Dieses Lastenheft ist dann die Grundlage für den gemeinsamen Entwicklungs- und Entstehungsprozess des passenden Schranksystems. Nach mehreren Iterationsschleifen auf der Basis von CAD-Daten wird ein erstes Muster gefertigt. Der anschließende Probe-Verbau der Module und Komponenten liefert Anhaltspunkte für gegebenenfalls letzte erforderliche Anpassungen. Das darauffolgende zweite Muster ist dann in der Regel das Serienmuster.

Was bedeuten Entwicklungspartnerschaften für TESVOLT?

Es ist wichtig, möglichst frühzeitig zusammen die gemeinsame konstruktive Bearbeitung anzugehen. Alle späteren Änderungen werden teuer. Wir schätzen sehr, wenn sich unsere Entwicklungspartner – so wie Rittal − mit proaktiven Vorschlägen und Ideen in den Prozess einbringen. Zudem haben wir auch gern die ergänzenden Kompetenzen von Rittal genutzt, so beispielsweise die Thermokompetenz. Das erste gemeinsame Projekt mit Rittal waren die TS-8-Systeme im Jahr 2016, also bereits kurz nach unserer Unternehmensgründung 2014. Rittal ist für uns Entwicklungspartner und Lieferant gleichermaßen. Wir schätzen die Termintreue und die Qualität, die Rittal mit robusten und langlebigen Produkten gewährleistet.

Können Sie ein Beispiel für ein gemeinsames Projekt nennen?

Neu bei TESVOLT ist die E-Serie mit Schranktechnik und Lüftungskonzept von Rittal. Das neue Modell hat eine höhere Energiedichte und dementsprechend auch eine höhere Wärmelast. All das sind Herausforderungen für die Konstruktion des Schranks gewesen. Im Vorfeld wurden von Rittal Simulationen durchgeführt, die das Temperaturverhalten des Schranks betrachten. Luftabfluss und -zufluss wurden untersucht und Mindestabstände definiert, damit kühlende Außenluft angesaugt werden kann. Bei der neuen E-Serie ist das Schrankdesign nun deutlich offener. Es wurde verstärkt auf die Klimatisierung geachtet. So können wir die optimale Temperatur der Batterie sicherstellen.

Vielen Dank für das Interview.

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