Morgens um sieben ist die Welt in Ordnung in Songdo, Südkorea. Längst ist die Sonne am Himmel aufgegangen, und der Duft nach frisch aufgebrühtem Kaffee zieht durch das moderne Apartment. Automatisch fahren die Jalousien hoch und geben den Blick auf den 40 Hektar großen Central Park in der Ferne frei. Die Wohnung ist für den 39-jährigen Timothy aus Wisconsin ein Glücksgriff. Erst vor Kurzem ist der Amerikaner in den neu geschaffenen Stadtteil der Millionenstadt Incheon gezogen. Hier betreut er als Kindergärtner den Nachwuchs der neuen Bürger, die bei einem der großen Konzerne wenige Blocks weiter beschäftigt sind.
Das Interesse an Songdo ist groß. Viele Ausländer, aber auch Einheimische aus der überfüllten Hauptstadt Seoul sind in den letzten Jahren in die voll vernetzten Wohnungen des neuen Viertels gezogen. Von Grund auf als Smart City konzipiert, vereint der Stadtteil Arbeiten und Wohnen in nächster Nähe. Straßen, Wohn- und Geschäftsblocks sowie Parks entstanden zuerst am Reißbrett. Zum Bauen mussten die Südkoreaner dann rund eine halbe Milliarde Tonnen Sand im Watt des Gelben Meeres aufschütten. Inzwischen ragen viele Wolkenkratzer zwischen Incheon und dem gleichnamigen internationalen Flughafen in den Himmel. Die Smart City wächst.
In seinem Apartment geht Timothy gut gelaunt ins Badezimmer. Aus dem Lautsprecher ertönt seine Lieblingsmusik. Beim Zähneputzen tippt er aufs Smart Panel an der Wand und lässt sich Tagestemperatur, Nachrichten und Verkehrslage anzeigen. Auf dem Panel kann er sogar einen zweiten Blick auf den großen Park im Zentrum werfen – Webcams machen die Liveschaltung möglich.
Timothy und seine Nachbarn genießen die vielen Annehmlichkeiten, die Songdo ihnen bietet. Um das Leben in der Smart City so bequem wie möglich zu gestalten, werden überall Daten gesammelt und ausgewertet: Auf Ampelkreuzungen etwa schicken Kameras Videostreams in die Verkehrsleitzentrale. In der Straße verbaute Sensoren senden Messdaten zum aktuellen Verkehrsaufkommen. Spezielle Wettersensoren registrieren Temperatur, Wind und Luftwerte. Weitere Infos kommen von Polizei und Feuerwehr sowie von privaten Unternehmen wie Telekommunikationsanbietern.
Energie und Ressourcen sparen
Die Idee der Stadtplaner: Durch die Auswertung von Aktivitäten und Gewohnheiten benötigt die intelligente Stadt ein Drittel weniger Energie und Ressourcen im Vergleich zu herkömmlichen Großstädten. Das ist nicht nur in Südkorea dringend notwendig. Nach Prognosen der Vereinten Nationen werden bis 2050 rund 70 Prozent der Menschen – etwa drei Milliarden – weltweit in Städten leben. Laut Experten wird ein Drittel der gesamten Energie in Ballungsgebieten verbraucht werden.
In intelligenten Städten wie Songdo soll modernste Technik dabei helfen, den Kampf gegen den Klimawandel aufzunehmen. Mithilfe von vernetzten Informations- und Kommunikationstechnologien, Cloud-Systemen und dem Internet of Things, die über eine einheitliche Plattform verwaltet werden, sollen Megastädte in Zukunft zu Smart Cities mutieren. Geht es nach den Plänen der Ingenieure und IT-Profis, lassen sich Smart Cities viel kostengünstiger und ressourcenschonender betreiben und verbessern auch noch die Lebensqualität ihrer Bewohner.