Text Dr. Jörg Lantzsch ––– Fotografie
Über 40 Jahre Erfahrung im Schaltanlagenbau bedeuten nicht, dass man keine Überraschungen mehr erlebt. „Eine Serienfertigung mit dreistelligen Stückzahlen pro Woche war nicht alltäglich, als dieses Projekt vor sechs Jahren initiiert wurde“, erinnert sich Maik Gretenkord, der im Bereich System Engineering bei Beckhoff für das Projekt verantwortlich ist. Angefragt war die Herstellung von Steuerungen für Tausende von Prüfmaschinen, die in der Qualitätskontrolle in einer Consumer- Elektronik-Fertigung eingesetzt werden sollten.
KONZEPT MIT STANDARD-BOX
Im Vorfeld des Projekts schlugen die Spezialisten bei Beckhoff ihrem Kunden einen cleveren Ansatz vor. Für die Steuerung der über 20 verschiedenen Typen der Prüfmaschinen, die noch dazu von unterschiedlichen Systemintegratoren gebaut werden, sollte nur eine „generische“ Controlbox verwendet werden. Die Idee dahinter: ein standardisierter Aufbau für eine einfachere Serienfertigung. Herz der Controlbox ist eine Steuerung von Beckhoff mit passenden Busklemmen. Hinzu kommen ein Netzteil, einige elektrotechnische Komponenten sowie eine große Anzahl Steckverbinder, um alle Maschinentypen anschließen zu können. Um die Steuerung an die verschiedenen Maschinentypen anzupassen, braucht dann jeweils nur das Programm auf der Beckhoff-Steuerung geändert werden.
„Um die anspruchsvolle Serienfertigung der Controlbox möglichst effizient umsetzen zu können, wurden hohe Anforderungen an die beteiligten Lieferanten gestellt“, schildert der Projektleiter. „Wir mussten sicherstellen, dass unsere Lieferanten die notwendigen Komponenten in ausreichender Stückzahl zuverlässig liefern.“ Bei den Steuerungen und Klemmen von Beckhoff konnten die Lieferungen intern priorisiert werden. Bei den Komponenten, die von externen Lieferanten bezogen wurden, kam es vor allem auf absolute Liefertreue an. Bei der Gehäusetechnik entschied sich Beckhoff für Rittal – und für die Vorteile der KX-Gehäuse.
FERTIG BEARBEITET UND KONFEKTIONIERT
Eine Bearbeitung der Gehäuse – etwa das Einbringen von Bohrungen für die Anschlusstechnik – wurde aus Effizienzgründen gleich zum Schaltschranklieferanten Rittal verlagert. Für mechanische Nachbearbeitung ist in Großserien keine Zeit. Der Schaltanlagenbauer setzte daher auf Rittal als starken Partner, der die Schränke fertig bearbeitet und konfektioniert zur Verfügung stellen kann. Die Kompaktschränke kommen daher schon mit den zahlreichen Bohrungen in der Seitenwand des Gehäuses bei Beckhoff an. „Es war eine spannende Zeit, als wir mit der Serienfertigung angefangen haben“, sagt Gretenkord, „meine Kollegen und ich sind mit unseren Schreibtischen in die Fertigungshalle gezogen, um jederzeit alles im Griff zu haben und schnelle Entscheidungen zu treffen.“ Jeder Arbeitsschritt – vom Montieren der Komponenten auf der Montageplatte über das Verdrahten der Komponenten bis hin zum Einbau der bestückten Montageplatte in den Schaltschrank – wurde in der Fertigung optimiert. Und dabei wurden jeweils verschiedene Optionen geprüft. „Wir haben beispielsweise auch eine Inselfertigung in Betracht gezogen, bei der alle Arbeitsschritte an einer Stelle geschehen“, nennt Gretenkord ein Beispiel: „Das hat sich aber nicht als praktikabel erweisen, da die Fertigung sofort ins Stocken gerät, wenn ein Teil nicht rechtzeitig zur Verfügung steht.“
Bei der Optimierung wurden nicht nur die internen Abläufe betrachtet, sondern auch die verwendeten Komponenten. So zeigte sich etwa, dass die Stelle des Erdungsbolzens in den KX-Gehäusen bei den eingebauten Komponenten nur schwierig zu erreichen war. „Rittal konnte die Erdungsbolzen innerhalb des Gehäuses an einer anderen Stelle platzieren“, lobt der Projektleiter die kooperative Zusammenarbeit, und er betont auch, wie groß das Vertrauen zu dem Lieferanten ist: „Das musste alles sehr schnell gehen. Wir haben die Prototypen mit dem geänderten Erdungsbolzen getestet und gleichzeitig schon die Produktionsaufträge bei Rittal platziert.“
ÜBER 24.000 GEHÄUSE
Im Rahmen des vor einigen Jahren gestarteten Projekts hat Beckhoff inzwischen über 24.000 seiner Controlboxen gefertigt und ausgeliefert – besonders beeindruckend, da sich dies in ein Saisongeschäft mit jeweils nur wenigen Produktionswochen aufteilt. Insgesamt mehr als 30 verschiedene Prüfmaschinen konnten die Steuerung einsetzen – ein klarer Beweis dafür, wie gut das ursprüngliche Konzept ist. Um die engen Zeitpläne einhalten zu können, ist die Lieferfähigkeit ein sehr wichtiger Punkt. Immerhin musste Rittal mehrere hundert Schaltschränke pro Woche zuverlässig bereitstellen. „Die Flexibilität in der Zusammenarbeit mit Rittal – gemeinsam mit den anderen entscheidenden Lieferanten des Projekts – war ausschlaggebend. Dadurch waren projektspezifische Anpassungen des Schaltschranks erst möglich“, bilanziert Gretenkord. „Wir haben daraus auch eine ganze Menge gelernt, sodass wir jetzt unsere größeren Projekte noch sicherer und effizienter umsetzen können. So haben wir unseren Schaltschrankbau insgesamt sehr innoviert.“