Das Magazin der Friedhelm Loh Group

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Nachgefragt bei LKH
Praxis

Tausche gut gegen besser

Andere Sichtweisen zuzulassen, kann der entscheidende Schritt in Richtung höherer Wertschöpfung und effizienterer Produktion sein. Etwa bei der Substitution von Werkstoffen und Verfahren. Steffen Diehlmann, Vertriebsleiter bei LKH, erläutert, wie sich gemeinsam mit Kunden systematisch deren Produkte optimieren lassen – beispielsweise in Richtung Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit, Funktionalität oder Produktionssicherheit.

Text Das Interview führte Meinolf Droege. ––– Fotografie

Das bessere Produkt ist der Feind des guten: Proaktiv Verbesserungen an Produkten und Prozessen vorzuschlagen, ist die Stärke von LKH.

Herr Diehlmann, stoßen Sie bei Kunden auch heute noch auf den alten Maschinenbauerspruch „Wer Kunststoff kennt, nimmt Stahl.“?

Steffen Diehlmann: Das kommt schon noch mal vor. Aber es dürfte sich herumgesprochen haben, dass Kunststoff nicht unbedingt die billige, sondern oft die technisch und wirtschaftlich bessere Alter­native ist. Ich greife mal auf ein historisches Beispiel beim heutigen Weltunternehmen Arburg Anfang der 50er-Jahre zurück. Das suchte damals nach einer Lösung, um möglichst schnell die enorm hohen ­Reklamationsquoten durch Feuchteschäden bei Blitzlichtgeräten für die Fotografie zu drücken. Das gelang erst mit der Umstellung auf ein völlig neues Abdichtungssystem aus Kunststoff – für das dann die erste Spritzgießmaschine gebaut wurde. Ich nehme an, die neue Lösung aus Kunststoff war hinsichtlich der Stückkosten zunächst nicht günstiger. Aber die Produktion wurde erst dank höherer Produktqualität überlebensfähig, weil die Reklamationen anschließend gegen null gingen.

"Die Wertanalyse spezifiziert und beziffert transparent und nach- vollziehbar die Auswirkungen möglicher Maßnahmen an den Produkten auf Kostensituation und Nachhaltigkeit.“


Steffen Diehlmann,
Vertriebsleiter bei LKH

Damals war die Lösung aus der Not geboren, wie gehen Sie heute vor?

Steffen Diehlmann: Wir gehen mit einem wertanalytischen Ansatz an einzelne Produkte heran. Da wir gleichermaßen sehr hohe Werkstoff- und Prozesskompetenz sowie Werkzeug-Know-how im eigenen Haus haben, können wir diese Einflussfaktoren sehr sicher bewerten. Außerdem haben wir eine ganze Reihe solcher Substitutionsprojekte erfolgreich umgesetzt, nicht nur mit unserer Konzernschwester Rittal. Auch diese Erfahrungen bringen wir natürlich ein.

Sind die Einkaufsabteilungen bei Ihren Kunden entsprechend zugänglich, wenn es um komplett neue Lösungen geht oder ist dort – vornehm ausgedrückt – ein Beharrungsvermögen anzutreffen?

Steffen Diehlmann: Hier bewegen wir uns auf einer anderen Ebene. Möglicherweise kommt ein Kontakt über den Einkauf unseres Kunden oder potenziellen Kunden zustande. Doch die Gespräche laufen dann aber vor allem mit dessen Entwicklungsabteilung, hin und wieder sind auch Qualitätswesen und Marketingfachleute eingebunden. Von unserer Seite tauchen je nach Anforderungen parallel Konstrukteure, Verfahrenstechniker und Werkstoffspezialisten sowie Projektleiter ins Gespräch ein. Hier geht es darum, andere Sichtweisen auf ein Produkt zu ermöglichen.

Wie läuft das konkret ab? Können Sie das an einem Beispiel festmachen?

Steffen Diehlmann: Für einen unserer Kunden hatten wir als Erstauftrag ein Hybridteil aus Blech und Kunststoff optimiert. Kleinerer CO2-Fußabdruck, verbesserte Ergonomie und die deutlich kostengünstigere Produktion wurden erreicht. Nachdem dieses Projekt erfolgreich und pünktlich in die Serie gebracht wurde, gab es den Wunsch, auch andere Produkte auf den Prüfstand zu stellen. Im Rahmen eines Tech Day bei unserem Kunden haben wir nach einer kurzen Einführung zur Kunststofftechnik in drei Workshops erste Lösungsvorschläge erarbeitet zu den Themen Artikelkonstruktion in Kunststoff, Werkzeugauslegung sowie Kunststoffauswahl, hier mit einem Schwerpunkt Flammschutz. Nach zunächst groben Abschätzungen gingen die interessanten Projekte im Nachgang in die detaillierte wertanalytische Betrachtung. Die spezifiziert und beziffert transparent und nachvollziehbar die Auswirkungen möglicher Maßnahmen an den Produkten auf Kostensituation und Nachhaltigkeit.

Wer immer in Blech konstruiert hat, dem dürfte der Blick auf die Möglichkeiten der Kunststofftechnik eher schwerfallen. Wie gehen Sie damit um?

Steffen Diehlmann: Das ist leider richtig. Deshalb sehen wir uns auch immer mal wieder Produkte an, die schon länger auf dem Markt sind, und analysieren sie proaktiv. Wir finden gelegentlich Lösungen, nach denen der Kunde noch gar nicht gesucht hat. Gehen wir mit einem solchen, oft schon recht konkreten Vorschlag auf den Kunden zu, ist er eher zu überzeugen. Dabei geht es übrigens nicht nur um den Ersatz von Metall durch Kunststoff, sondern auch den Ersatz teurer oder besonders aufwendig zu verarbeitender Kunststoffe durch alternative Kunststoffe oder den Ersatz neuer Materialien durch Recyclate. Gerade im Zuge der CO2-Diskussion dürfte das recht kurzfristig massiv an Bedeutung gewinnen.

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