Text Barbara Sawka ––– Fotografie
Uhren, Käse, Schokolade – für diese Produkte ist die Schweiz weltweit bekannt. Weniger beachtet ist der Steuerungs- und Schaltanlagenbau made in Switzerland. Es gibt hier aber eine Vielzahl an innovativen Unternehmen. Eines davon ist die W. Althaus AG, deren Motto „Leading in Automation“ lautet. Und das ist auch das Erfolgsgeheimnis des Unternehmens. Denn in Sachen Automatisierung ist die W. Althaus AG ihrer Zeit voraus und hat so etwas wie Pionierarbeit in der Schweiz geleistet. „Vor sechs, sieben Jahren war das Bewusstsein für das Thema Automatisierung noch nicht so vorhanden. Auch die Hersteller mussten lernen, ihre Produkte entsprechend automatisierbar zu designen“, wirft Marco Schneider, Geschäftsführer des nach seinem Gründer Walter Althaus benannten Unternehmens im Kanton Bern, einen Blick in die vergangenen Jahre. Mittlerweile sei das Thema nicht nur in der Schweiz angekommen.
Daraus ergeben sich neue Herausforderungen. Kunden wollen durchgängiger agieren – von der Bestellung bis zur Inbetriebnahme. Die Märkte werden volatiler, und das fordert mehr Flexibilität. Dabei kann die Automatisierung helfen, ist Marco Schneider überzeugt. „Man kann gewisse Schritte automatisieren bzw. teilautomatisieren. Das entlastet die Fachleute für fachspezifische Tätigkeiten.“ Das ist bei W. Althaus längst Alltag. Das Unternehmen identifiziert sich mit den Themen Automation und Digitalisierung. „Ich denke, das liegt bei uns in der DNA“, erzählt Schneider. So kommen schon seit vielen Jahren für die Bearbeitung von Schaltschrank-Flachteilen die Perforex Bearbeitungszentren von Rittal zum Einsatz. Darin können Flachteile bis 2450 x 1600 mm eingespannt und alle im Steuerungsbau üblichen Materialien wie Stahl, Edelstahl, Aluminium, Kupfer und auch Kunststoff bearbeitet werden. Die Qualität der Ausbrüche ist sehr hoch. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit mit der Perforex beträgt nur zwischen 15 und 20 Minuten pro Teil.
STELLSCHRAUBE ZUR KOSTENREDUKTION
Die automationstechnisch komplexe Arbeit des vollautomatischen Zuschnitts von Hutschienen sowie der Bestückung und Bedruckung von Klemmen erledigt bei der W. Althaus AG der Klemmenbestückungsautomat Athex. Die Maschine ist eine Eigenentwicklung aus der Innovationsschmiede der W. Althaus AG. Sie verarbeitet ebenso wie die Perforex die Daten aus Eplan Pro Panel, einer Software für die dreidimensionale Aufbauplanung von Schaltschränken. Die Tragschienen werden aus dem Pufferlager automatisch vermessen, zugeschnitten und über einen Nadelgravierer für die Kommissionierung bzw. Projektierung auf der Unterseite mit Text, QR-Code etc. markiert. Anschließend montiert ein Greifersystem die Klemmen direkt auf die Klemmenleiste. Daten aus Eplan Pro Panel erhält auch das eingesetzte Secarex Zuschnittcenter. Es längt Verdrahtungskanäle inklusive Deckel und Tragschienen schnell, exakt und sicher ab. Der integrierte Etikettendrucker dient der projektbezogenen Beschriftung. Eine optimierte Verschnittquote und ein beschleunigter Gesamtprozess ergeben am Ende auch niedrigere Kosten.
HERAUSFORDERUNG „VERDRAHTUNG“
Viel Zeit brauchen Schaltanlagenbauer nach wie vor bei der Verdrahtung. Hier sieht Marco Schneider derzeit das größte Einsparungspotenzial. Gemeinsam mit Rittal beschäftigt sich Althaus aktuell mit der Entwicklung von Automatisierungslösungen für die Schaltschrankverdrahtung mit dem Schwerpunkt Montageplatte. Dabei liegt die größte Herausforderung in der Komplexität der Verdrahtung. Die beschränkt sich nicht nur auf die Montageplatte. Es gibt Verbindungen zu Türen, den Seitenwänden, den Dächern, den Böden im Schaltschrank oder zu einem angereihten Schrank. Auch unterschiedliche Normen und Standards, je nach dem Land der Aufstellung, machen die Verdrahtung nicht einfacher. Die Idee der automatisierten Verdrahtung sieht unter anderem auch vor, die bereits auf dem Rittal Wire Terminal vorgefertigten Litze automatisch zu verdrahten. „Wir gehen bei unserer Lösung von einem kollaborativen Ansatz aus. Das bedeutet: Wir wollen nicht gleich alles zu 100 Prozent vollautomatisch machen. Was sich automatisieren lässt, erledigt die Technik, den Rest übernimmt ein Mitarbeiter“, erklärt Marco Schneider.
DIE ANATOMIE DER DATEN
Eine weitere Stellschraube für Effizienz ist das Engineering. Dazu benötigt man gute Daten. Die sind für Marco Schneider der Grundbaustein für Durchgängigkeit der Prozesse, und dafür stellt er einen interessanten Vergleich an: „Es ist ein bisschen wie beim menschlichen Körper. Ich muss die Anatomie kennen: Wie ist der Körper aufgebaut, wie funktioniert er, welche Zusammenhänge und Abhängigkeiten gibt es? Wenn ein Arzt das verstanden hat, kann er die entsprechenden Therapien vorschlagen. So ähnlich sieht das auch mit den Daten aus. Ich brauche sie als Grundbausteine zur automatisierten und digitalisierten Weiterverarbeitung.“
Diese Grundbausteine bietet das Eplan Data Portal. Erst kürzlich wurden verschiedenste Anwender bei der Entwicklung eines Datenstandards eingebunden. Die ersten Ergebnisse sind bereits ins Portal eingeflossen. Für Marco Schneider ein Schritt in die richtige Richtung: „Es braucht eine Standardisierung und Vereinheitlichung der Komponentendaten sämtlicher Hersteller. Das Data Portal bietet die Plattform, um die Daten von verschiedenen Herstellern zusammenzubringen und über die Engineering Tools von Eplan verwendbar zu machen.“ Allerdings gibt Schneider zu bedenken, dass die Daten ein entsprechendes Niveau haben müssen. Daten etwa von Rittal – bestätigt der Experte – hätten die erforderlich hohe Datenqualität.
Das Bewusstsein für die Chancen der Digitalisierung ist in den letzten Jahren sicherlich noch einmal schneller gewachsen. Dass hier die Zukunft liegt, davon ist Marco Schneider überzeugt: „Ich denke, cloudbasierte Lösungen sind definitiv eine Chance für Firmen, übergreifend eng zusammenzuarbeiten. Ein erster Schritt diesbezüglich ist Eplan eView. Hier haben alle Beteiligten Zugriff auf die Projektdaten – vom Engineering über die Fertigung und Montage bis hin zu Service und Instandhaltung.“ Die Eplan ePulse Cloud-Umgebung ermöglicht mittels der kostenlosen Software eine strukturierte Zusammenarbeit mit Kollegen, Kunden und anderen Projektteilnehmern.
„SMART ENGINEERING & PRODUCTION“
Nicht darauf zu warten, was der Markt hergibt, was Hersteller und Firmen entwickeln, sondern selber aktiv zu sein und die Innovation selber voranzutreiben – das hat sich die W. Althaus AG zum Credo gemacht. Die Zusammenarbeit mit starken Partnern und Entwicklungskooperationen nicht nur mit Rittal und Eplan, sondern auch mit Phoenix Contact ist dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor. „Die Zusammenarbeit ist sehr intensiv. Es gibt mit allen dreien einen regelmäßigen Austausch, bei dem Entwicklungen besprochen und Prozesse optimiert werden. Wir schauen gemeinsam, wohin die Zukunft gehen kann“, beschreibt Marco Schneider die Kooperation mit seinen Partnern. Da passt es sehr gut, dass sich die drei genannten Unternehmen zu einem Technologienetzwerk mit dem Namen „Smart Engineering and Production“ zusammengeschlossen haben. Vor fünf Jahren fiel der Startschuss, in der Zwischenzeit sind aus diesen Ideen konkrete Produktinnovationen geworden. Die Konfiguratoren, Engineering-Plattformen, Automatisierungslösungen für die Fertigung und die digitalen Assistenzsysteme arbeiten vernetzt zusammen.
Die Artikeldaten sind standardisiert und durchgängig zur Verwendung im Engineering, in der Materialbewirtschaftung und in den Fertigungsprozessen des Schaltschrankbaus beschrieben. So leisten sie ihren Beitrag zu einem vollständig digitalisierten Prozess nach dem Prinzip der „Single Source of Truth“. Gemeinsam hat sich das Netzwerk auch für die Weiterentwicklung von Standards eingesetzt, wie beispielsweise ECLASS für die digitale Beschreibung von Artikeln und Artikeldaten.
Inzwischen hat sich ECLASS etabliert und leistet in Kombination mit Automation ML einen wichtigen Beitrag zur systemübergreifenden Bereitstellung von Daten in Engineering, Konfiguration und Fertigung. Das Technologienetzwerk von Rittal, Eplan und Phoenix Contact sieht Marco Schneider sehr positiv: „Kooperationen sind sehr wichtig, aber nicht allein auf Herstellerseite. Man muss sich auch mit den Anwendern identifizieren, den Austausch und Kontakt pflegen, um den eigentlichen Bedarf des Kunden zu erkennen.“