Text Markus Huneke ––– Fotografie
CO2-freies Wirtschaften – was so einfach klingt, hat für die meisten Branchen, insbesondere für die hoch entwickelte Industriefertigung, einschneidende Folgen, die gegenwärtig noch kaum zu überschauen sind. Besonders zwei Industrien stehen dabei im Fokus: die Automobilhersteller sowie die Stahlproduktion – und mit ihnen alle vor- und nachgelagerten Lieferund Verarbeitungsstufen.
VERARBEITER WERDEN VIELE FRAGEN HABEN
„Wir können heute natürlich noch nicht sagen, wie sich die Umstellung der Stahlindustrie auf grünen Stahl tatsächlich weiterentwickeln wird. Wir nehmen den Wandel aber sehr ernst und strecken unsere Fühler aus“, sagt Oliver Sonst, CEO von Stahlo Stahlservice. „Das ist für uns kein Publicity-Projekt, wir stehen mit den Stahlproduzenten konkret im Austausch darüber, was möglich ist“, unterstreicht er. Während die Automobilhersteller damit ringen, ihre Fahrzeugflotten sowohl emissionsfrei zu produzieren als auch Kunden eine emissionsfreie Nutzung zu garantieren, stehen auch Stahlhersteller vor der Aufgabe, den etablierten und hoch entwickelten Prozess der Stahlproduktion komplett umzukrempeln – mit hohem wirtschaftlichem Risiko und ohne die Garantie, dass dies auch gelingt.
Wie eng verzahnt beide Branchen miteinander arbeiten, zeigt sich aktuell in den Ankündigungen so gut wie aller großen Automobilhersteller in Europa, künftig auf grünen Stahl zu setzen. Die Daimler AG etwa will ab 2025 damit beginnen, für ihre Fahrzeuge auf grünen Stahl umzustellen. Parallel dazu investieren alle großen Stahlhersteller in Europa Millionensummen in Projekte zur CO2-freien Stahlerzeugung.
WELCHE GRÜNEN STÄHLE SIND ÜBERHAUPT VERFÜGBAR?
Auch wenn die grüne Stahltechnologie aktuell noch in den Kinderschuhen steckt und erst noch zeigen muss, dass sie auch in großem Maßstab kosteneffizient umsetzbar ist – es wird langsam konkret. Die Herausforderungen beschränken sich dabei nicht nur auf Anfang und Ende der Prozesskette „Stahl“, auf Produktion und Verwendung. Auch für die zwischengelagerten Wertschöpfungsstufen bedeutet die Umstellung auf grün hergestellten Stahl eine gewaltige Aufgabe.
Eine entscheidende Frage ist beispielsweise, welche Stahlgüten wann „grün“ überhaupt verfügbar sein werden, welcher Hersteller dann welche Güten liefern kann und vor allem, zu welchem Preis. Schließlich hängt es vom verfügbaren Angebot und den Konditionen ab, welches Material sich am Markt durchsetzen kann. Für Oliver Sonst ist entscheidend, Kunden und Partner mit diesem Informationsbedarf nicht alleinzulassen. Als unabhängiges Stahl-Service- Center mit einer langjährigen Expertise als Werkstofflieferant in die Automobilindustrie hat Stahlo eine hervorragende Marktposition, das benötigte Wissen schnell aufzubauen.
„Wir haben gewachsene, exzellente Kontakte sowohl zu Stahlherstellern als auch zu Stahlverwendern. Somit können wir das Thema ‚grüner Stahl‘ durch mehrere Brillen betrachten – und mit erstklassigem Know-how punkten.“
ERSTE GRÜNE COILS AUF ABRUF
Das ist kein PR-Talk: Den Anfang hat Stahlo bereits gemacht und jüngst die ersten Coils aus CO2-armer Produktion bestellt. „Für kleine Mengen lassen sich fast 75 Prozent CO2 gegenüber der klassischen Hochofenroute einsparen. Es ist zwar noch kein Standardsortiment vom Lager verfügbar, aber wir sehen uns konkret an: Was können wir bekommen und wer benötigt was?“, erläutert Oliver Sonst.
WAS HEISST EIGENTLICH „GRÜNER STAHL“?
Dass hier ein tatsächlicher Informationsbedarf besteht, zeigt ein genauerer Blick auf den Begriff „grüner Stahl“. Was bedeutet es eigentlich konkret, grünen Stahl zu beschaffen? Ist nur komplett emissionsfrei hergestellter Stahl grün? Oder gilt auch mit verminderten Emissionen hergestellter Stahl als grün?
Diese Fragen sind keineswegs trivial. Denn Stahlverwender werden vor der Aufgabe stehen, verlässlich einschätzen zu müssen, ob und welcher grüne Stahl den eigenen Erfordernissen entspricht – und zwar sowohl in technischer Hinsicht als auch regulatorisch. Dazu braucht es das entsprechende Know-how.
„Unsere Kunden profitieren stark von unserem unabhängigen Stahl-Service-Center mit werksungebundenen Beschaffungsquellen“, betont Oliver Sonst. „Wir beobachten alle großen Projekte unserer Partner und sind jederzeit in der Lage, zu vergleichen und passende Lösungen anzubieten“, sagt der Stahlo-CEO.
Um mehr Verständnis bei den Kunden zu schaffen, klassifiziert Stahlo die Materialien ähnlich wie beim Energielabel von Elektrohausgeräten. „So können wir schon heute jederzeit Mengen aus verschiedenen Herstellprozessen mit verschiedenen Energieeinsätzen und Emissionen beschaffen. Unser Ziel ist es, uns weiter zu einem echten Netzwerk-Partner zu entwickeln und Menschen, Ressourcen und Technologien so zu vernetzen, dass wir die großen gegenwärtigen wie künftigen Herausforderungen meistern können.“