Text Sarah Bäumchen ––– Fotografie
Der Klimawandel ist für Deutschland, Europa und die Welt eines der drängendsten Probleme, der Kampf gegen die steigende Erderwärmung eine der wichtigsten Aufgaben für unsere Gesellschaft. Wir sind überzeugt: Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen. Dabei ist der Einsatz von innovativen Technologien, gerade auch aus der Elektro- und Digitalindustrie, der entscheidende Schlüssel, um Klimaschutz und die Sicherung unseres Wohlstands zu vereinen.
Damit diese Transformation gelingen kann, ist die Industrie allerdings weiterhin auf den Einsatz einer bestimmten Stoffgruppe angewiesen, die aufgrund ihrer herausragenden Eigenschaften aus den Hightech-Produkten unserer Branche nicht wegzudenken sind. Die Rede ist von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen, kurz PFAS. Sie werden unter anderem in Windrädern, Wärmepumpen, Energiespeichern, aber auch elektrischen Antrieben, Schaltschränken und Halbleitern sowie vielen weiteren Produkten und deren Herstellungsprozessen verwendet und spielen damit für die Energiewende, für Digitalisierung und Elektrifizierung eine unverzichtbare Rolle. Das zu Beginn des vergangenen Jahres von der EU vorgeschlagene pauschale Verbot der PFAS hätte deswegen schwerwiegende Folgen und kann nicht der richtige Weg für einen verantwortungsvollen Umgang mit Chemikalien sein.
Es ist richtig: Von PFAS können Risiken verantwortungsvollen Umgang mit Chemikalien sein. Es ist richtig: Von PFAS können Risiken für Mensch und Umwelt ausgehen. Deswegen braucht es einen risikobasierten Ansatz, der den Einsatz von PFAS reguliert und dabei differenziert zwischen den verschiedenen PFAS-Gruppen und ihren jeweiligen Verwendungen unterscheidet. Ein Pauschalverbot der gesamten PFAS-Stoffgruppe, die aus über 10.000 Einzelsubstanzen besteht, kann nicht die Lösung sein.
Die Industrie muss selbstverständlich ihrerseits mit der Stoffgruppe verantwortungsbewusst umgehen. Gerade die industriellen Anwendungen in der Elektro- und Digitalindustrie nutzen PFAS in der Regel nur in innenliegenden, gekapselten Anwendungen oder in geschlossenen Systemen, die am Ende ihres Lifecycles fachgerecht entsorgt und recycelt werden. Darüber hinaus ist die Industrie bestrebt, risikobehaftete PFAS-Anwendungen – wo immer möglich – durch andere Stoffe zu substituieren. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es für viele Anwendungen von PFAS absehbar keine technologisch und ökologisch geeigneten Ersatzstoffe gibt.
Dennoch scheint die EU PFAS nun mit dem Holzhammer regulieren zu wollen. Die Folgen wären weitreichend und würden dem Klimaschutz einen Bärendienst erweisen. Mit einem Schlag könnten die gerade genannten Produkte und unzählige weitere nicht mehr eingesetzt, hergestellt und weiterentwickelt werden. Die EU würde damit nicht nur das Erreichen ihrer Klimaziele gefährden, sondern auch den Industriestandort Europa und die Wettbewerbsfähigkeit sowie Innovationskraft unserer Unternehmen. Hinzu kommt, dass durch ein Totalverbot in der EU PFAS selbstverständlich nicht aus der Welt wären. Sie kämen in vielen anderen Regionen der Welt weiterhin zum Einsatz.
Das alles belastet die Unternehmen sehr, schürt Investitionsunsicherheit und hemmt Planungen etwa zum Kapazitätsausbau. Deshalb wendet sich der ZVEI zusammen mit weiteren Partnern aus der Industrie gegen das vorgelegte PFAS-Verbot. Wir fordern, dass PFAS differenziert und risikobasiert betrachtet werden und nicht per Pauschalverbot. Solange es noch keine Alternativen für bestimmte PFAS-Stoffe gibt, muss ihre Verarbeitung weiterhin möglich sein.
Denn ohne PFAS droht der Energiewende eine Vollbremsung. Das kann niemand wollen. Sicherlich: Jede Transformationsphase birgt Risiken, auch der politisch gewollte Umbau in eine klimaneutrale Industriegesellschaft, den wir unterstützen. Deshalb ist es wichtig, diesen gut zu managen. Gleichzeitig ist es an der Zeit, einen Diskurs zu beginnen, welche Risiken wir als Gesellschaft bereit sind einzugehen. Wir sind überzeugt: Eine risikofreie Welt wird es nicht geben können. Deshalb kommt es darauf an, mit potenziellen Gefahren verantwortungsvoll umzugehen. Als Elektro- und Digitalindustrie fühlen wir uns hierzu zutiefst verpflichtet.