Das Magazin der Friedhelm Loh Group

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Interview
Innovation

KI in Colocation wird wachsen!“

In mehr als 20 Jahren hat sich Digital Realty mit über 300 Rechenzentren weltweit zu einem globalen Top-Colocator entwickelt. Und immer partnerschaftlich an der Seite: Rittal. Wir wollen wissen: Welche Trends beeinflussen das Geschäft und wie beflügeln KI-Anwendung das Wachstum der Digitalwirtschaft? Antworten dazu gibt Volker Ludwig, Senior Vice President und Managing Director DACH.


Text David Schahinian, Steffen Maltzan ––– Fotografie

„Deutschland kann zum KI-Vorreiter in Europa werden.“


VOLKER LUDWIG,
Senior Vice President und Managing Director DACH, Digital Realty

Herr Ludwig, Rechenzentren sind das Rückgrat der Digitalisierung – und Digital Realty einer der marktführenden Anbieter. Mit welchen Dienstleistungen ist das Unternehmen groß geworden?

Kurz gesagt: Wir kaufen Land, erschließen es mit Strom und Glasfaser und bauen darauf sichere Gebäude. Die Flächen in diesen Colocation-Rechenzentren vermieten wir an Unternehmen, die darin ihre eigene IT betreiben. Darüber hinaus stellen wir auch Konnektivitätsdienste zur Verfügung, etwa zu Clouds oder Telekommunikationsnetzwerken. Global betreiben wir mehr als 300 solcher Rechenzentren in mehr als 50 Metropolen.

Welche Kunden nutzen Ihre Dienste?

Unser Kundenstamm zieht sich durch sämtliche Wirtschaftszweige, weil mittlerweile nahezu alle Geschäftsmodelle auch auf digitalen Prozessen basieren. Internetaffine Organisationen sind natürlich besonders hervorzuheben. Dazu zählen nicht nur Betreiber von Infrastrukturdiens- ten oder Suchmaschinen, sondern beispielsweise auch Anbieter von sozialen Medien und Streaming-Dienstleister.

Colocation-Rechenzentren sind also unersetzlich?

Ja. Telefonie und damit auch Notrufe laufen ebenso über solche Rechenzentren wie IT-Prozesse für Lieferketten oder elektronische Zahlungen. Hochverfügbarkeit und Sicherheit sind so wichtig, dass Rechenzentren zur Kritischen Infrastruktur zählen können.

Raum für Daten aller Art: Die Dienstleistungen von Digital Realty werden von Unternehmen aus verschiedensten Bereichen genutzt.

Wie schafft es Digital Realty, in diesem wachsenden Markt vorne zu sein?

Durch vorausschauende Planung, die sich jetzt auszahlt. Wir haben uns insbesondere in Deutschland frühzeitig Kapazitäten gesichert, die wir in den kommenden Jahren ausbauen. 2001 sind wir hier mit dem ersten Rechenzentrum gestartet, nun sind es allein in Frankfurt 25.

BEREIT FÜR DEN KI-BOOM

Digital Realty baut in Frankfurt-Fechenheim einen Campus mit 11 neuen Rechenzentren: 200 MW Rechenleistung, 12 Fußballfelder (90.000 m2 ) Rechenzentrumsfläche,16 km eigene Stromtrasse bis zum nächsten Umspannwerk, 500 Beschäftigte auf der Baustelle. Rittal liefert dafür IT-Infrastruktur in großen Stückzahlen.

Was sind die stärksten Markttreiber?

Zum einen die Digitalisierung aller Lebensbereiche. Privat wie beruflich nutzen die Menschen immer mehr digitale Dienste. Zum anderen greifen Unternehmen zunehmend auf externe Rechenzentren zurück, um Regulierungsvorgaben wie etwa die des Energieeffizienzgesetzes erfüllen zu können. Man muss betonen, dass jede Organisation, die in ein professionell betriebenes Colocation-Rechenzentrum oder in die Cloud wechselt, einen Nachhaltigkeitsbeitrag leistet.

Wie kann das sein, wo doch gerade in Rechenzentren besonders viel Strom verbraucht wird?

Rechenzentren haben eine Konzentrationswirkung. Es wird zwar viel Strom auf wenig Fläche verbraucht. Aber die Rechenzentren funktionieren wesentlich effizienter, als wenn jedes Unternehmen ein eigenes betreibt. Ähnlich ist es bei der Cloud: Während Desktop-PCs meist nur zu maximal 20 Prozent ausgelastet sind, beträgt die Quote bei den Rechnern in der Cloud bis zu 90 Prozent.

Alles auf dem neuesten Stand: Der Digital Park Ostend in Frankfurt bildet einen wichtigen Knotenpunkt für die Anbindung der Kunden von Digital Realty in Europa.

Welche Rolle spielt KI beim Energieverbrauch?

Das Thema ist in Deutschland nach meiner Wahrnehmung erst noch im Kommen. Zwar sind insbesondere unsere Neubauten allesamt KI-fähig, aber die Anzahl der Installationen hält sich im Vergleich zu den USA in Grenzen. Das ist nicht ungewöhnlich: Amerikanische Entwicklungen im IT-Bereich setzen sich meist erst mit Zeitverzögerung in Europa durch. Ich sehe darin eine Chance für Deutschland.

GEMEINSAM WACHSEN

Was vor über 20 Jahren mit IT-Racks begann, ist mit dem steilen Aufstieg von Digital Realty skaliert. Heute geht es nicht mehr nur um VX IT und TX Colocation Racks in großen Stückzahlen. Als bevorzugter Lieferant empfiehlt Digital Realty seinen Enterprise-Kunden RiMatrix Systemtechnik. Die Hyperscaler bringen ihrerseits meist ohnehin Rittal mit.

Welche Chance ist das?

Wenn man die Rahmenbedingungen von den Strompreisen über Regulatorik bis hin zur Ansiedlung von Fachkräften wettbewerbsfähig gestaltet, kann Deutschland zum KI-Vorreiter in Europa werden und diesen großen Markt aus eigener Stärke bedienen. Dazu müsste die Politik jedoch noch besser verstehen, dass Digitalisierung kein Selbstzweck ist, sondern ein Querschnittsthema, das man in jedem Bereich mitdenken muss – die Anzahl der KI-Anwendungen wird wachsen, ob Industrie, Fintech, Versicherungswirtschaft, Forschung oder Medizin. Wir haben gute Voraussetzungen, müssten aber an der einen oder anderen Stelle noch einige Bremsen lösen. Bei der IT-Infrastruktur kann die Digitalwirtschaft Wege ebnen. Auch im Hinblick auf Datensouveränität.

Was meinen Sie damit genau?

Wenn wir hierzulande mehr Rechenzentren aufbauen, können wir besser steuern, welche Daten wir in Deutschland halten wollen. So könnte auch der deutsche Staat noch souveräner agieren. EU-weit gibt es da zwar schon viele Bestrebungen. Aber es ist besser, selbst gegenüber Nachbarländern nicht in zu große Abhängigkeiten zu geraten. Bei alledem spielt natürlich auch der Abbau von Bürokratie eine große Rolle.

Andererseits profitieren Sie mitunter auch von regulatorischen Vorschriften, die Unternehmen zu erfüllen haben.

Wir brauchen Regulatorik mit Augenmaß. Bleiben wir beim Beispiel Energieeffizienzgesetz. Ich kann nachvollziehen, dass mit der EU-Richtlinie zur Energieeffizienz gewisse Grenzwerte eingezogen werden, die dann europaweit gelten. Können oder wollen große Anwenderunternehmen diese nicht erfüllen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie sich ein Colocation-Rechenzentrum suchen, was unser Geschäft beflügelt. Deutschland hat mit dem Energieeffizienzgesetz, von dem wir selbst betroffen sind, aber wieder einen Sonderweg beschritten. Ich hätte mich gefreut, wenn man sich an die europäische Regulatorik gehalten hätte.

Gibt es in Deutschland noch genügend Flächen für neue Rechenzentren?

Fläche kann zwar ein limitierender Faktor sein, aber wir haben uns auf absehbare Zeit ausreichend davon gesichert. Mindestens ebenso wichtig ist die Stromversorgung. Regional kann es da in den nächsten Jahren zu Engpässen kommen. Das kann das Wachstum abbremsen oder zu einer Verlagerung in andere Regionen führen.

„Wir arbeiten seit über 20 Jahren mit Rittal partnerschaftlich zusammen.“


VOLKER LUDWIG,
Senior Vice President und Managing Director DACH, Digital Realty

In Ihrem Geschäft sind Sie nicht nur auf Fläche und Strom, sondern auch auf eine Vielzahl an Lieferanten angewiesen. Was müssen diese Ihnen bieten?

Flexibilität, konstante Qualität, Zuverlässigkeit, Schnelligkeit – und eine gute Zusammenarbeit auf menschlicher Basis. Ein partnerschaftlicher Umgang miteinander ist mir sehr wichtig. Wir arbeiten seit über zwanzig Jahren mit Rittal zusammen. Dass zum Beispiel die Racks in Deutschland produziert werden, sichert die Qualität sowie Lieferfähigkeit und stärkt den Standort. Unsere Mitarbeiter in der Technik schätzen zudem die Funktionalität der Systemtechnik und die Flexibilität des Vertriebs. Die Sicherheit bei der Handhabung spielt ebenfalls eine Rolle. Verletzungen in Rechenzentren werden weniger – wie man vielleicht vermuten könnte – von Stromschlägen verursacht, sondern häufiger von scharfkantigen Gehäuse oder Racks.

Richten wir den Blick nach vorne: Welcher Trend wird die nähere Zukunft Ihres Geschäfts bestimmen?

Die technische Komplexität steigt weiter, die Anwendungslandschaften in den Unternehmen werden zunehmend heterogener. Gleichzeitig wollen sie keinerlei Abstriche bei der Ausfallsicherheit und Effizienz machen. Das verlangt nach einer erfahrenen Orchestrierung, die Colocation-Anbietern mit Konnektivitätsdienstleistungen leisten können.

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