Text Interview: Hans Robert Koch ––– Fotografie
Es kam alles ganz anders als geplant. Über Nacht wurden Caroline und Christian Trips zu Unternehmern. Als ihre Eltern bei einem Unfall verunglückten, waren sie gezwungen, schnell zu handeln. Ermutigt durch Weggefährten und mit einer großen Portion Entschlossenheit übernahmen sie innerhalb weniger Tage den Betrieb. Mittlerweile führen sie das Unternehmen seit 36 Jahren. Mit großem Erfolg. Aus dem kleinen elterlichen Betrieb ist die TRIPS group entstanden, ein führendes Systemhaus mit 350 Beschäftigen an fünf Standorten – mittlerweile auch in Polen.
Frau und Herr Trips, was waren die großen Meilensteine in Ihrer Firmengeschichte?
Christian Trips: Die Anfänge liegen in der Schweinfurter und Würzburger Großindustrie. Zu den ersten wichtigen Kunden zählten SKF und Noell. Dann kamen wir zu Siemens. Das waren die großen Momente. Über Siemens gelangten wir neben dem Industriegeschäft zum Energie-Business. Heute sind wir in vielen Bereichen der Energieerzeugung und -übertragung unterwegs. Mit dem neuen Gebäude, das gerade entsteht, werden die FAT (Factory Acceptance Test)-Kapazitäten erhöht.
Caroline Trips: Ein wichtiger Meilenstein kam 1996. Um zu wachsen, haben wir uns entschieden, hier am Standort zu investieren. Der Schritt zu Siemens als Solution-Partner war dabei eine wegweisende Entscheidung. Damit haben wir ein riesiges Feld eröffnet. Ein nächster Meilenstein war die Gründung eines Beirats.
Wie hat der Beirat die Entwicklung beeinflusst?
Caroline Trips: Seit der Gründung haben wir uns mehr auf das Kerngeschäft fokussiert – also Dinge abgeschafft, die nicht gut liefen, und das ausgebaut, was gut lief. Bis dahin lagen wir bei einem Umsatz von 20 Millionen Euro, heute sind wir bei 50. In 2030 wollen wir einen Umsatz von 100 Millionen Euro erreichen. Wir haben erst lernen müssen, strategisch zu denken. Das hat uns am Anfang gefehlt, weil wir 1989 nichtwissend über Nacht Unternehmer geworden sind. Wir hatten keine Zeit, uns weiterzubilden. Mit der entsprechenden Ausbildung wären wir vielleicht heute schon viel weiter.
Das klingt nach einer klaren Strategie. Ist Erfolg in diesen unsicheren Zeiten wirklich planbar?
Caroline Trips: Definitiv! Erfolg ist planbar. Das haben wir in den letzten vier Jahren festgestellt. Wir haben Strategie und Ziele klar festgelegt. Wir wissen jetzt, welchen Umsatz wir in den nächsten Jahren machen, und sind so aufgestellt, dass wir die Risiken im Griff haben. Natürlich kann immer Unvorhergesehenes eintreten. Aber so schnell haut uns nichts um! Wir sind klassischer Mittelstand: konservativ, beständig und kapitalstark. Das ist Deutschland, und wir sind Teil davon! Darauf sind wir besonders stolz.
Wie weit reichen Ihre Ziele in die Zukunft?
Caroline Trips: Wir sind auch stolz darauf, dass wir drei unserer Kinder zu Nachfolgern aufgebaut haben. Und alles, was wir erreicht haben, vererben können. Wir sind ungeplant Unternehmer geworden, wir wussten nicht, wohin, wir hatten nichts, aber wir haben hart gearbeitet. Umso besser ist es, dass wir es geschafft haben, die Nachfolge zu regeln. Wir haben den Tag der Übergabe bereits festgelegt. Und das ist der 30. Juni 2032. Dann werden mein Bruder und ich ausscheiden.
Christian Trips: Nur 6 Prozent der Unternehmen in Unterfranken kümmern sich darum, wie sie ihr Unternehmen an die nächste Generation überführen. Umso mehr sind wir dankbar für das Commitment unserer Kinder. Wichtig ist der Plan – aber ob alles so kommt, werden wir in sieben Jahren sehen, wenn wir aus dem operativen Geschäft aussteigen und dann nur noch Veranstaltungen und Jubiläen besuchen (lacht).
TRIPS ist sehr stark branchenorientiert unterwegs. Was macht die Gruppe so erfolgreich?
Caroline Trips: Unsere Kernbranchen sind Energy, Food & Beverage und Pharma. Unser Vorteil ist das komplette Paket – die Automatisierungslösung von der Projektplanung bis zur Inbetriebnahme samt Add-ons. Viele unserer Wettbewerber sind nur Schaltanlagenbauer. Davon setzen wir uns ab. Jeder Schrank, der geplant und gebaut wird, wird auch geprüft. Wir legen sehr viel Wert auf Qualität und Nachhaltigkeit und suchen den aktiven Austausch mit Kunden, um Lösungen zu optimieren. Ihre Fragen nutzen wir oft für neue Geschäftsmodelle.
Welche neuen Geschäftsmodelle sind das?
Christian Trips: Wir bieten verschiedene Dienstleistungen an, vom Engineering bis zu IT- und OT-Security-Themen. Mit unserem Start-up HUBSTER.S unterstützen wir zudem bei datengetriebenen Prozessen durch AI-basierte Lösungen. Also Services über die gesamte Wertschöpfung, damit Kunden wettbewerbsfähiger werden. Wir wissen: Der Erfolg unserer Kunden ist auch unser Erfolg.
Welche Rolle spielen Lieferanten und Partner?
Caroline Trips: Die richtigen Partner zu haben, ist sehr wichtig! Wir haben drei große Lieferanten: Siemens, Rittal und Phoenix Contact. Bei Innovationen sind wir damit immer einen Schritt voraus und top aufgestellt. Wir können hier wirklich von Partnerschaften sprechen. Bei der Trimot-Partnerschaft etwa sind wir mit Rittal unterwegs. Wir waren schon immer sehr fordernd gegenüber Lieferanten. Doch das bringt uns gemeinsam weiter.
Christian Trips: Wir haben bei Rittal beste Beziehungen bis zum Eigentümer und zum Management, das gilt auch für Siemens und Phoenix Contact. Gerade in der Corona-Zeit, in der auch wir Lieferprobleme hatten, war das von Vorteil. In dieser Zeit haben wir gemeinschaftlich auch mit Kunden tolle Ideen entwickelt. Das war ein super Zusammenhalt. Das ist ein Beispiel für Deutschland. Wir sollten diese Energie weiter positiv nutzen.
Was macht die Arbeit mit Rittal so attraktiv?
Christian Trips: Das Zusammenspiel zwischen Rittal als Schaltschrankanbieter und auch Eplan als Lösungsanbieter für Engineering-Software ist eine sehr gute Synergie. Da wir innovativ und dynamisch unterwegs sind, schauen wir permanent in die Märkte, wie wir unsere Effizienz und Produktivität steigern können. Wir suchen uns die besten Lieferanten. Und da sind Rittal und Eplan das perfekte Match für uns. Beide sind absolut innovativ. Letztlich ist es eine gegenseitige Challenge. Man wächst miteinander und ist nur so gut wie der andere.
Warum laufen Ihre Geschäfte trotz schwächelnder Wirtschaft so gut?
Caroline Trips: Jede Krise hat ihre Chance. Es klingt paradox: Wenn andere nichts mehr zu tun hatten, hatten wir immer Zweischichtbetrieb. Das liegt daran, dass wir auf die Branche Energie gesetzt haben. Wir sind in diesem Bereich in sämtlichen Technologien unterwegs: von Schaltanlagen für die Energieverteilung und -erzeugung über Wasserstoff- bis zu Elektrolyse- und Batteriespeicheranlagen. Der Markt sagt uns genau, was er braucht. So sind wir groß geworden, und so werden wir unser Geschäft weiter ausbauen. Wir brauchen uns für die nächsten zehn Jahre keine Gedanken zu machen. Es läuft gut!
Sie haben ein neues Werk in Polen gebaut. Welche Chancen sehen Sie dort?
Christian Trips: Obwohl wir viel in Ausbildung investieren und mit Hochschulen kooperieren: Am Ende des Tages finden wir in Deutschland nicht genügend Arbeitskräfte. Wir sehen in Polen mehr Chancen. Obwohl auch dort das Lohnniveau gestiegen ist, haben wir noch eine andere Kostenstruktur, gerade bei Sozialleistungen. Bei einer Produktionsstätte im Ausland geht es immer um Wettbewerbsfähigkeit. Insgesamt ist unser Business in Polen vor allem eine Redundanzmöglichkeit. Gute Chancen sehen wir in den Bereichen Energie und Halbleiter.
Welche Werte geben Sie an Ihre Kinder weiter? Was zählt im Business?
Caroline Trips: Neben Begeisterung und Spaß ist es wichtig, die Bodenhaftung nicht zu verlieren, Teams mitzunehmen und dankbar für das zu sein, was man erreicht hat. Mit einer solchen Haltung sowie klaren Zielen und Strategien hat man unendlich viele Möglichkeiten.