Das Magazin der Friedhelm Loh Group

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Kunststoff in der Beschaffungskrise
Praxis – Kunststoff

Werkstoffwissen schafft’s

„Die Auftragsbücher sind voll. Der Materialmangel erlaubt es den Unternehmen aber nicht, ihre Produktion entsprechend hochzufahren“, erklärt Klaus Wohlrabe, Leiter des Ifo-Instituts. Das gilt besonders auch für die Kunststoffindustrie. LKH öffnet mit seinen vielfach erprobten Verfahren zur Werkstoffsubstitution Wege aus der Beschaffungskrise. So werden Lieferketten gesichert.


Text Meinolf Droege ––– Fotografie

Kostensenkungen oder neue technische Anforderungen führten in der Vergangenheit typischerweise dazu, alternative Kunststoffe als Problemlöser zu prüfen und einzusetzen. Vor allem seit Beginn der Pandemie hat sich das Bild gewandelt: Mangelnde Verfügbarkeit vieler Kunststoffe – von Basistypen bis hin zu Spezialitäten – führen immer wieder zu Lieferunterbrechungen. Die Möglichkeit, den Werkstoff zu wechseln, bringt mehr Flexibilität und damit Sicherheit in die Lieferkette. Der Einsatz höherer Quoten für Recyclingmaterial und Bio-Kunststoffe wird dabei zudem zur Stellschraube, um den CO2-Fußabdruck in immer mehr Anwendungen zu senken.

„REZEPTUREN“ VERÄNDERBAR?

In nahezu allen Anwendungen sind die einzusetzenden Kunststoffe präzise spezifiziert. Exakte Beschreibungen von der „Rezeptur“ bis zum Lieferantennamen sind vor dem Serienanlauf definiert und nur in dieser Form „bemustert“, also vom Kunden freigegeben. Ein Materialwechsel ist demnach nur mit Zustimmung des Kunden nach erneuter Bemusterung möglich. Vor allem bei komplexeren Anforderungen wie hoher elektrischer Durchschlagfestigkeit, speziellen Oberflächeneffekten oder kritischen mechanischen Leistungsdaten erfordert die nachträgliche Zulassung weiterer Werkstoffe zumeist langwierige und aufwendige Prozesse.

Diese massiv zu beschleunigen und dabei sicher zu einem wirksamen Ergebnis zu kommen, ist eine spezielle Kompetenz des Kunststoffverarbeiters LKH aus Heiligenroth. „Mehr als 20 Material-Neuqualifizierungen haben wir seit Beginn der aktuellen Krise in effizienten, weitgehend standardisierten Prozessen umgesetzt und damit die Lieferfähigkeit von rund 150 Artikeln für unsere Kunden gesichert“, erklärt Volker Hindermann, Geschäftsführer bei LKH.

In die Hände spielt dabei die besondere Werkstoffexpertise: Im Gegensatz zu typischen Kunststoffverarbeitern hat LKH schon lange vor der Pandemiesituation in aufwendigen Konversionsprojekten mit hohen technischen Anforderungen den Werkstoffmarkt intensiv genutzt. „Die Expertise umfasst heute auf der einen Seite weitreichende Kenntnisse in der Kunststoffchemie. Andererseits haben wir teils auf Basis eigener Erfahrungen eine Datenbank für Simulationen aufgebaut und damit umfassendes Konstruktions- und Werkzeug-Know-how. Und das alles nutzen wir bei der Werkstoffspezifizierung gemeinsam mit Kunden und Lieferanten. Das gilt auch für den Einsatz recycelter Kunststoffe“, sagt Thomas Ritter, Leiter Engineering bei LKH.

CO2-FOOTPRINT – WAS TUT LKH?

Zwei Forderungen stellen die Märkte zunehmend an Vertreiber von Kunststoffprodukten: Zum einen möchten immer mehr Kunden Produkte mit gutem Gewissen kaufen. Der CO2-Footprint gewinnt in Kaufentscheidungen an Bedeutung. Unternehmen, die ihre Produkte in dieser Richtung profilieren können, gewinnen einen deutlichen Marktvorteil. Zum anderen greifen rigidere gesetzliche Vorgaben. So muss beispielsweise laut dem im Januar 2022 in Kraft getretenen Verpackungsgesetz der Recyclinganteil von Einweg-Getränkeflaschen bis Ende 2025 auf mindestens 77 Prozent steigen und drei Jahre später 90 Prozent erreichen. Es ist schon heute abzusehen, dass auch andere Branchen auf steigende Recyclingquoten verpflichtet werden.

Proaktiv hat LKH das Thema auf die Agenda genommen und ein praxisgerechtes, bereits erprobtes Maßnahmenbündel entwickelt. Der Einsatz von Recyclingmaterial ist komplex: Je nach Art erfordern beispielsweise mechanisch kritische Bauteile in der Regel vorab eine Prüfung der zu erwartenden Eigenschaften.

Eine Herausforderung können auch besonders hohe Anforderungen an die Oberflächenqualität sein. Einen weiteren Weg zur Verbesserung der Umweltbilanz und mehr Unabhängigkeit von erdölbasierten Kunststoffen bietet LKH mit dem Einsatz von Bio-Kunststoffen. Sie werden komplett oder teilweise aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugt, einige sind zudem industriell kompostierbar. LKH produziert bereits erste Komponenten, die damit einen deutlich geringeren CO2-Abdruck hinterlassen. Komplett frei von Kunststoffen arbeitet das neue Verfahren „Papier-Spritzgießen“. Es befreit die Produktion komplett vom Kunststoff-Rohstoffmarkt und senkt den CO2-Ausstoß drastisch.

Gebäude

Kunststoff-Experte: LKH entwickelt und fertigt in Heiligenroth in Rheinland-Pfalz eine breit gefächerte Kunststoff-Produktpalette für Kunden der Märkte Automotive, Elektrotechnik & Elektronik, Fabrikausrüstung sowie Transportverpackung.

SCHNELLER VON EINEM MATERIAL ZUM ANDEREN

Ob aus technischen Gründen oder wegen brüchiger Lieferketten – das Umstellen eines Produkts auf einen anderen als den ursprünglich gewählten Kunststoff ist vor allem bei anspruchsvolleren Produkten komplex. Typischerweise sind solche Produkte für nur eine spezielle Kunststofftype eines Herstellers spezifiziert und freigegeben. LKH hat schon vor der aktuellen Krise einen stringenten Prozess entwickelt, mit dem sich Produkte auf andere Werkstoffe schneller und sicher umstellen lassen. Das in vielen Projekten erprobte Vorgehen wird gleichermaßen genutzt, um den CO2-Footprint zu verkleinern, Versorgungsengpässe bei Werkstoffen zu umgehen oder um die Kosten zu senken.

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