Das Magazin der Friedhelm Loh Group

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Catena-X: Wie der digitale Zugang gelingt
Innovation

Drehscheibe für Daten

Datenräume sind keine Theorie. Sie sind ganz praktisch erforderlich, damit die Industrie digital weiter so erfolgreich wirtschaften kann wie bisher analog. Die großen Herausforderungen der Gegenwart erfordern eine neue Art der Kollaboration und Transparenz. Das ist eine Chance: Wertschöpfung ist firmenübergreifend, macht nicht an Ländergrenzen halt und lässt sich nicht auf einen Teil des Lebenszyklus’ der Produkte eingrenzen. Diese umfassende Wertschöpfung rückt jetzt mithilfe von standardisierten Datenräumen in greifbare Nähe – datengetrieben. Catena-X ist der Beweis.

Text Ulrich Sendler, Steffen Maltzan, Dr. Carola Hilbrand ––– Fotografie

Datenräume machen Daten kollaborativ nutzbar. Es ist viel leichter, Daten über einen Datenraum zu teilen und zu verarbeiten, als sich etwa einzeln bei jedem Datenaustausch mit der jeweils anderen Seite abzustimmen. Warum? Beim Arbeiten im Datenraum erfolgt die technologische und rechtliche Abstimmung einmal grundsätzlich und wird bei jeder weiteren Aktion als Standard genutzt – und zwar von allen Teilnehmern. Datenräume sind also weit mehr als „Orte“ für gemeinsame Datennutzung. Sie werden immer relevantere offene Datendrehscheiben für die Nutzung dezentraler Daten. Wirtschaftlich wesentlich interessanter wird es, wenn solche Datenräume miteinander vernetzt sind. Nicht nur zwischen Hersteller und Kunde. Catena-X ist dafür das bislang bekannteste Beispiel. Das europäische, international aktive Ökosystem für die gesamte Lieferkette im Automobilsektor ist startklar und in der Implementierung. Welchen Nutzen bringt es in der Praxis? Das macht der Anwendungsfall Traceability sofort deutlich. Die automobile Wertschöpfung beginnt mit der Konzeption eines Produkts und endet mit der Verschrottung aller Bauteile. Dazwischen liegen die Entwicklung, Fertigung, Logistik, der Verkauf und die Nutzung, zahlreiche Reparaturen sowie die Wiederverwendung und das Recycling. Während all dieser Prozessschritte stehen heute meist nur die direkten Geschäftspartner miteinander in Kontakt. Niemand erfasst – bisher – Informationen über den gesamten Lebenszyklus. Dies erschwert promptes Handeln, insbesondere im Fall von Qualitätsmängeln oder gar Rückrufaktionen.

TRANSPARENZ ÜBER ALLE KETTEN

„Catena-X kann das ändern. Ein Anwendungsfall zeigt praktisch, wie sich ein typischer Fehler bei gewahrter Datensouveränität über alle Stufen zurückverfolgen lässt“, weiß Bernd Kremer, COO Digital Industrial Solutions bei German Edge Cloud. Das ist nur eine der zahlreichen Catena-X ­Anwendungen. Sie reichen vom Qualitätsmanagement über Kreislaufwirtschaft bis „Manu­facturing as a Service“ als neues Geschäftsmodell. „Der Nutzen entsteht aber erst, wenn der Datenraum durch rege Teilnahme als Ökosystem mit Leben gefüllt wird. Darauf kommt es gerade jetzt an“, betont Kremer. Systeme unterschiedlicher Anbieter werden gerade von Catena-X ­zertifiziert, damit ihre Software und Services standardisiert genutzt werden können. Für die Vernetzung selbst gibt es ebenfalls ­einen Catena-X Standard, den Eclipse Data­space Connector (EDC). Das in Haiger eingesetzte System, ONCITE DPS von ­German Edge Cloud, ist als erstes überhaupt zertifiziert worden.

ENTWICKLUNG VORANTREIBEN

„Wir müssen als Industrie auf drei ­Ebenen arbeiten, damit Catena-X weiter durchstartet. Die Mitglieder treiben die Platt­form­entwicklung weiter voran. Zweitens müssen wir einfach zugängliche Konnektoren für neue Teilnehmer breiter in den Markt bringen. Drittens braucht es Anbieter und Lösungen, die gerade auch kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützen, insgesamt ihre Prozesse und Fertigung zu digitalisieren, damit die Datendurchgängigkeit bis auf den Shop­floor erst entstehen kann“, erläutert Kremer. „Mit Manufacturing-X, der nächsten großen Initiative, werden wir daher noch stärker die Standardisierung innerhalb der Fabriken adressieren. Eine erheblich größere Herausforderung als Catena-X, denn es geht um die gesamte Fertigungsindustrie und den vielschichtigen Maschinenbau weltweit.“

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