Das Magazin der Friedhelm Loh Group

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Wie Cideon Muster im Rauschen erkennt
Innovation – Cideon

Künstliche Intelligenz im Einsatz

Engineering. Ob Machine Learning, Chatbots oder selbstfahrende Fahrzeuge: Künstliche Intelligenz (KI) bricht in vielen Bereichen alle Rekorde. Das Wasserkraftwerk Budarhals in Island zeigt, wie KI auch im Maschinenbau einen Mehrwert für Unternehmen schafft.

Text Sonja Koesling ––– Fotografie

Faszinierende Wasserfälle, heiße Geysire und malerische Polarlichter: Island ist ein Inselstaat mit spektakulärer Landschaft. Doch nicht nur die eisige Landschaft ist faszinierend. Inmitten unendlicher Weiten, zwischen den zwei Flüssen Þjórsá und Tungnaá befindet sich das Wasserkraftwerk Budarhals, ein Pilotprojekt von Voith und dem heimischen Konzern Landsvirkjun im Zeichen der künstlichen Intelligenz (KI).

Digitale Chancen nutzen

Die künstliche Intelligenz (KI) ist ein etwas reißerischer Sammelbegriff für verschiedene Formen des maschinellen Lernens. Sie ist einer der zehn großen Trends der Digitalisierung und potenziell der weitreichendste. Denn während zuerst einfache Arbeiten automatisiert wurden, geraten jetzt auch anspruchsvolle Jobs im Büro in Gefahr, ersetzt zu werden. Doch ist das schlimm?

Eigentlich nicht. Digitale Transformation bedeutet, die digitalen Chancen zu nutzen, um den Kunden mehr Wert zu bieten. Und das hat Vorteile. Wenn Wissensdatenbanken und Bilderkennung schnellere und bessere Diagnosen stellen als Ärzte, dann werden Ärzte nicht überflüssig. Sie bekommen aber endlich mehr Zeit für ihre Patienten. Das gilt entsprechend auch für Rechtsanwälte, Journalisten, Übersetzer, Buchhalter – ihnen allen kann die KI ein Werkzeug sein, um langweilige Routinearbeiten schnell und effizient zu erledigen. Das macht den Kopf frei für die kreativen Seiten ihrer Jobs.

KI ist auch unsere Waffe im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Mit kluger ­Unterstützung können Menschen weit anspruchsvollere Aufgaben erledigen als bisher – und das vom Callcenter bis zur Softwareentwicklung oder bei der Maschinenkonstruktion.

Und: KI wird immer einfacher zu nutzen, schon weil sie in Programme integriert wird, die wir bereits verwenden. Weniger Routine, mehr Raum für Ideen. Und für ihre eigenen Produkte können Unternehmen auf immer mehr KI-Tools zugreifen, die den Nutzen drastisch erhöhen, von Datenanalyse bis Chatbots. Das ist gut für die Kunden und den Umsatz.

Ausgestattet mit einem akustischen Überwachungssystem erkennennen Algorithmen im Wasserkraftwerk Abweichungen der Turbinengeräusche und verhindern so rechtzeitig Stillstände. Eine elementare Aufgabe, denn isländische Wasserkraftwerke tragen rund 73 Prozent zur landesweiten Stromerzeugung bei. Die intelligente Geräuschanalyse, die hinter dem Betonbau steckt, zeigt vor allem eines: KI ist im Unternehmensalltag angekommen.

Das Wasserkraftwerk Budarhals ist das siebtgrößte Kraftwerk Islands. Es liegt im Süden des Landes, etwa 150 km östlich von Reykjavik.

„Trifft künstliche Intelligenz auf Domainwissen, können Daten besonderen Mehrwert schaffen“, sagt Dr. Christoph Oestreicher,Senior Manager Advanced Software Systems bei Voith, auf der Cideon Managementkonferenz 2018 über die Digitalisierung im traditionellen Maschinenbau. „Dadurch sparen wir Zeit und Geld und erhalten neue Einblicke für weitere Prozessoptimierungen.“

Das System erkennt die Abweichungen der Turbinengeräusche zum Normalzustand als Anomalien. „Indem wir Daten kontinuierlich erfassen und auswerten, können wir darüber hinaus eine optimierte Betriebsweise schaffen“, sagt Oestreicher. So können Wartungsarbeiten und anstehende Reparaturen transparent und effizient geplant werden.

Künstliche Intelligenz trifft auf moderne Industrie

„Im Maschinenbau trifft künstliche Intelligenz derzeit auf einen anderen Trend: die Industrie 4.0“, weiß Prof. Dr-Ing. Detlef Zühlke, Vorstandsvorsitzender der Technologie-Initiative SmartFactory KL e.V. und ehemaliger Leiter des Forschungsbereichs Innovative Fabriksysteme am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI). Die Industrie 4.0 strebt nach einer intelligenten Vernetzung von Mensch, Maschine und Produkt. Die Vernetzung soll es ermöglichen, nicht nur einzelne Produktionsschritte separat für sich, sondern ganze Wertschöpfungsketten zu optimieren. Die digitale Datenverarbeitung ist Dreh- und Angelpunkt für das Gelingen.

„Künstliche Intelligenz ist nichts Neues“, erklärt Zühlke. „Doch anders als früher stehen uns heute erstmals leistungsfähige Rechner zur Verfügung, die mit den riesigen Datenmengen, die wir produzieren, umgehen, sie analysieren und zu sinnvollen Informationen verarbeiten können.“ Erst die Verarbeitung trägt zur Wertschöpfung bei und macht KI-Technologien so attraktiv für die Branche im Allgemeinen und für die Realisierung von Industrie 4.0 im Speziellen.

Eine Berechnung des Beratungsunternehmens Accenture geht dabei davon aus, dass KI-Technologien neben Effizienzsteigerungen auch neues Wachstum ermöglichen. Laut der Studie „Changing Landscape of Disruptive Technologies“ von KPMG International sind 26 Prozent der befragten Entscheider überzeugt, dass KI eine höhere Effizienz und Produktivität schaffen wird. 16 Prozent sehen den Vorteil in der Kostenreduzierung. Zehn Prozent glauben an schnellere Innovationszyklen und neun Prozent an beschleunigte Markteinführungen.

„KI-Technologien bieten dem Maschinenbau Potenzial für neue Geschäftsmodelle“, bekräftigt Zühlke. „Kombinieren wir Augmented Reality (AR) mit künstlicher Intelligenz, könnte uns ein roter Marker anzeigen, wo genau in einem großen Schaltschrank mit 20 Geräten ein Fehler vorliegt. Die AR-Brille könnte einen Schaltplan sichtbar machen, der zudem anzeigt, wo sich welche Elemente befinden, welchen Zweck sie erfüllen und wie sie aufgebaut sind. Die KI-Technologien können situations- und mitarbeiterbezogen dem Techniker lokalisierte und passende Informationen an die Hand geben, die ihn bei der Fehlerbehebung unterstützen.“

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