Konsequent digitalisieren
Ganz weit vorn in Sachen Smart Factory ist der weltweit größte Pressenhersteller Schuler. Um Fertigungsprozesse schneller zu machen, setzt das Unternehmen auf konsequente Digitalisierung und volle Transparenz.
Schneller wissen, was läuft. Die Fabrikdenker haben abgeliefert. Ihr neuer Leitstern ist die Smart Factory. Jetzt sind die Fabrikmacher gefragt. Die Ziele der digitalen Transformation sind klar definiert. Es geht um mehr Transparenz, Wissen und Geschwindigkeit im Betrieb. Doch was bedeutet das konkret für Fertigungsleiter sowie für Verantwortliche von Maschinen und Anlagen? Erfahrungen aus der Praxis und Lösungen von Rittal, Eplan und German Edge Cloud zeigen, wie es Schritt für Schritt vorangehen kann.
Text Ulrich Kläsener, Hans-Robert Koch, Steffen Maltzan ––– Fotografie
Ganz weit vorn in Sachen Smart Factory ist der weltweit größte Pressenhersteller Schuler. Um Fertigungsprozesse schneller zu machen, setzt das Unternehmen auf konsequente Digitalisierung und volle Transparenz.
Schade eigentlich, dass man Industrie 4.0 nicht schlüsselfertig kaufen kann. Logisch ist das schon. Denn egal ob es sich um einen Neubau auf grüner Wiese oder ein Retrofitting-Projekt in existenter Umgebung handelt: Zu spezifisch sind die Voraussetzungen in den Fertigungsanlagen weltweit, zu individuell die Bedürfnisse. Von Blaupause keine Spur. Vielleicht auch deswegen ist manches Unternehmen auf dem Weg zur Smart Factory im ersten Anlauf gescheitert. Steht die Frage im Raum, wie heute ein erfolgreicher Restart gelingen kann. Wie überhaupt können Fertiger von KI, AR, 5G, Condition Monitoring oder Predictive Maintenance profitieren? Was davon ist umsetzbar, was sinnvoll? Und wenn man das große Bild von der Smart Factory für einen Augenblick ausblendet: Welche Vorarbeiten muss jedes Fertigungsunternehmen so oder so erledigen, um perspektivisch intelligenter zu agieren?
„Vollständige Transparenz durch Digitalisierung schaffen“, sagt Dr. Robert Vollmer, Leiter Digital Automotive Solutions beim weltgrößten Pressenhersteller Schuler. Und warum? Mit Blick auf die Automotive-Industrie macht er neben Themenblöcken wie Bauteilqualität, Energieverbrauch oder Kosteneffizienz zwei große Trends aus, denen in der Praxis nur mit konsequenter Durchdigitalisierung beizukommen ist: „Zum einen sehen sich die Fertiger mit kleinen Losgrößen konfrontiert, das Automobil wird zur individualisierten Ware. Heute wird die Produktionslinie bis zu fünfmal pro Schicht umgerüstet, das bedeutet in der Regel mehr als zehn Werkzeugwechsel pro Tag.“ Handlungsschnelligkeit in der Fertigung schaffen durch Transparenz auf der Datenseite – das leuchtet prinzipiell ein. Und die andere große Richtung? „Die Automobilhersteller gehen in jeder Hinsicht ans Limit, technisch gesehen wird alles auf die Spitze getrieben: Design, Verbrauch, Bedienbarkeit, Komfort. Das alles muss in der Rückwärtsbetrachtung der Prozesskette bis in die Fertigung und bis zum Lieferanten der Halbzeuge und Rohmaterialien berücksichtigt werden.“
Die Herausforderungen sind also bekannt, wie reagiert darauf ein großer Anlagenbauer wie Schuler? In der Tat mit Transparenz. Schuler bietet innerhalb seiner Digital Suite eine Track-&-Trace-Lösung für Presswerke an. Damit können die Automotive- Fertiger ihre Bauteile jederzeit bis auf Stammdaten- und Auftragsebene rückverfolgen – sei es im Produktionsprozess selbst oder später bei Rückrufaktionen. Es gehe darum, die richtigen Rückschlüsse zu ziehen: „Der Nutzen“, sagt Dr. Robert Vollmer, „ist konkret viel weniger Ausschuss, was angesichts der ungeheuren Umsätze in großen Presswerken – dreistellige Millionenbeträge an Material – schnell große Hebelwirkung erzielt. Klar ist auch, dass, wer Schrott produziert, nicht produktiv ist. Uns geht es also darum, dass die Operator und Werksleiter im Feld präzise Informationen erhalten und auf Basis der Transparenz die wirklich wichtigen Zusammenhänge erkennen. Isolierte Informationen aus dem ERP reichen da nicht aus.“ Mit dem Blick aufs große Ganze – hier komplette Liefer- und Produktionsketten – ließen sich Reaktionszeiten im Fehlerfall verkürzen und Störungen auf lange Sicht von vornherein unterbinden.
Wobei sich Dr. Vollmer absolut darüber im Klaren ist, dass die Digital Suite von Schuler zwar eines dieser neuen, datengetriebenen Geschäftsmodelle wie aus dem Lehrbuch ist, das einem Anbieter aus dem Hochlohnland Deutschland neue Dynamik verleiht, der Weg dorthin aber über steiniges Neuland führt: „Modern ist schnell gedacht.“
Teil 1: Konsequent digitalisieren
Teil 2: Vollständig visualisieren
Teil 3: Lernen und durchstarten
Teil 4: Was die Smart Factory beflügelt
Teil 5: Schaltschrank ab in die Cloud!
Teil 6: Alles klar im Service-Fall?
Für den Transfer des theoretisch Möglichen in die praktische Anwendung ging Schuler deswegen eine Technologiepartnerschaft mit German Edge Cloud (GEC) ein. GEC, ein Unternehmen der Friedhelm Loh Group, realisierte die Track- &-Trace-Lösung auf der Hard- und Software- Seite. Und zwar so, dass sie einwandfrei funktioniert, von allen verstanden wird und die notwendige Datensouveränität gewährleistet ist.
Bernd Kremer, COO Cloud & Industrial Solutions bei GEC, reißt an, wie sich German Edge Cloud mit den Schwestergesellschaften Eplan und Rittal nicht nur in den Sparten Engineering, Sourcing und Manufacturing, sondern auch im Sektor Operations als Technologiepartner für die Industrie aktuell positioniert: „Wir denken die neuen digitalen Lösungen für die Produktionsbereiche down to earth, gleichen sie mit den spezifischen Herausforderungen unserer Kunden vor Ort ab und setzen sie möglichst einfach um.“ Wie das im Rittal Werk in Haiger funktioniert, zeigen wir auf den folgenden Seiten.