Das Magazin der Friedhelm Loh Group

Das Magazin der Friedhelm Loh Group

Geflüchtete in der Friedhelm Loh Group
Miteinander – Engagement

Mut macht Zukunft

Die Qualifikation von Geflüchteten ist eine Chance für alle: Die Geflüchteten können einen Beruf erlernen und eine neue Heimat finden, Unternehmen neue Talente und neue Vielfalt gewinnen. Wie man das gemeinsam schafft und warum es sich lohnt, davon erzählen die Mitarbeitenden aus Afghanistan, Syrien oder Eritrea und ihre Kollegen und Vorgesetzten aus der Friedhelm Loh Group. Es macht Mut für eine bessere Zukunft – auch wenn es auf dem Weg dorthin noch manche Hürde gibt.

Text Michael Siedenhans und Hannah Weber ––– Fotografie

Ende 2020 waren mindestens

82,4 Mio.

Menschen auf der Flucht


Darunter waren fast

13 Mio.

Geflüchtete jünger als 18 Jahre


Aktuell versuchen Hunderttausende Menschen Afghanistan zu verlassen.

Quelle: UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR

Weltweit sind mehr als 82 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg, Terror und Hunger in ihren Heimatländern. Ihr Ziel ist ein sicheres und besseres Leben fernab der alten Heimat. Es ist ein Weg in eine ungewisse Zukunft mit vielen Hürden. Denn das Leben in einer neuen Heimat stellt die Migranten vor einen Berg an Aufgaben: Sie müssen sich an eine neue Kultur gewöhnen, eine neue Sprache und einen neuen Beruf erlernen. Dafür brauchen sie viel Mut. Den müssen aber auch die Menschen in ihrer neuen Heimat beweisen, damit Integration gelingt.

VERANTWORTUNG FÜR UNSER UMFELD

Dass dieser Mut belohnt wird, zeigen die Unternehmen der Friedhelm Loh Group. Während viele Arbeitgeber aufgrund einer unsicheren Aufenthaltsperspektive von einer Einstellung absehen, geben sie Geflüchteten, die aufgrund der instabilen Situation nicht in ihre Heimat zurückkehren können, eine sichere Zukunft: Sie bilden diese aus und integrieren sie ins Berufsleben. Den Grund nennt Inhaber Prof. Friedhelm Loh: „Als größter Arbeitgeber der Region haben wir eine Verantwortung für unser Umfeld, in dem viele Menschen eine neue, friedliche Heimat suchen.“

400.000

Zuwanderer benötigt der deutsche Arbeitsmarkt jährlich laut Bundesagentur für Arbeit, um die Lücken durch den demografischen Wandel zu schließen.

Deswegen hat die Friedhelm Loh Group das Projekt „Qualifikation von Flüchtlingen“ 2015 in Zusammenarbeit mit der Rittal Foundation, dem Lahn-Dill-Kreis sowie der IHK Lahn-Dill ins Leben gerufen, dessen Erfolg beachtlich ist: Die beteiligten Geflüchteten aus Syrien, Eritrea und Afghanistan sind vollständig ins Berufsleben integriert. „Als global tätiges Unternehmen profitieren wir von den besonderen Talenten und Erfahrungen der Flüchtlinge, die wir vor dem Hintergrund des aktuellen Fachkräftemangels benötigen“, sagt Prof. Friedhelm Loh. Ein Vorbild auch für andere Unternehmen. Denn Fakt ist: Deutschland gehen die Arbeitskräfte aus – 400.000 Zuwanderer benötigt der deutsche Arbeitsmarkt jährlich laut Bundesagentur für Arbeit, um die Lücken durch den demografischen Wandel zu schließen.

1,77 Mio.

Geflüchtete mit unterschiedlichen Aufenthaltsstatus lebten 2020 in Deutschland.

Quelle: Bundesinnenministerium

  • Geflüchtete einstellen – wer darf arbeiten?

    • Asylberechtigte dürfen jede Erwerbstätigkeit aufnehmen.
    • Asylbewerber dürfen erst nach einer Wartezeit von drei Monaten eine Erwerbstätigkeit aufnehmen.
    • Anerkannte Flüchtlinge und sogenannte Kontingentflüchtlinge haben uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt.
    • Geduldete Personen aus sicheren Herkunftsstaaten, die ihren Antrag nach dem 31.08.2015 gestellt haben, dürfen keine Erwerbstätigkeit aufnehmen.
    • Für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, die ihren Antrag nach dem 31.08.2015 gestellt haben, gilt ein generelles Beschäftigungsverbot.

    Quellen: §47 Abs. 1a sowie §61 Abs.1, Abs. 2 AsylG, §23 AufenthG, §55 AsylG sowie §32 BeschV.

     

EINE CHANCE IN EINEM FREMDEN LAND

Khaibar F. und Mohibullah M.* hatten schon Mut, als sie Afghanistan vor Jahren verlassen haben. Der Krieg zwang sie dazu. Eine Zukunftsperspektive hatten sie im zerstörten und vom Terror bedrohten Land nicht. „Ich wollte als Kind Ingenieur werden, hatte aber einfach keine Chance“, stellt Khaibar nüchtern fest. Nach einer abenteuerlichen Flucht über Russland landete er 2013 in Deutschland, ohne Land, Leute und Sprache zu kennen. Hatte er in dem fremden Land überhaupt eine Chance?

Ja, hatte er: Seine Chance war das Pilotprojekt „Qualifikation von Flüchtlingen“. Khaibar wurde für das Projekt ausgewählt. Zwei Jahre später gehörte Khaibar neben seinem Rittal Kollegen Eyobel G. aus Eritrea zu den ersten Geflüchteten im Lahn-Dill-Kreis, die an den Prüfungen der IHK teilnahmen – und das mit Erfolg. Längst sind Khaibar und Eyobel erfahrene Maschinen- und Anlagenführer. Und: Sie sind immer noch bei Rittal tätig, und zwar im Werk Ewersbach.

EXTREM ENGAGIERT, GUT INTEGRIERT

„Die Firma gefällt mir einfach, die Kollegen sind nett und die Vorgesetzten unterstützen mich, wenn ich mich weiterqualifizieren will“, bringt es Khaibar auf den Punkt. Doch was ebenso zählt: „Khaibar ist immer extrem engagiert. Das steckt das Team an“, erzählt sein Gruppenleiter Lothar-Michael Wege. Beruflich stimmt alles. Auch privat ist der Afghane in Deutschland angekommen: Seit 2019 ist er verheiratet, hat ein Kind und eine eigene Wohnung. Und in seiner Freizeit spielt er Fußball beim Kreisligisten SSV Guntersdorf. Fakt ist: Khaibar F. ist in Deutschland integriert. Das liegt auch an seinen Kollegen, die ihn respektieren und akzeptieren. Gute zwischenmenschliche Beziehungen sind eben das A und O bei der Integration.

Gruppe

Wir sind ein Team: Gruppenleiter Lothar-Michael Wege, Ausbildungsleiter Matthias Hecker, Gruppenleiter Adam Kowalski (hintere Reihe von links), Eyobel G. und Khaibar F. (vorne von links).

IMMER EIN STRAHLEN IM GESICHT

Eyobel G. aus Eritrea macht die gleichen Erfahrungen wie Khaibar: „Mir gefällt es bei Rittal sehr. Man hat mir hier die Chance gegeben, einen Beruf zu ergreifen. Ich will gar nicht woandershin“, betont der 32-Jährige und erzählt, wie schwer es ihm fiel, die deutsche Sprache zu lernen. Inzwischen kann er sich gut auf Deutsch verständigen. Das liegt auch an seiner kommunikativen Art. Er trifft in seiner neuen Heimatgemeinde viele Deutsche – beim Fußball, auf Partys oder in einer Kirchengemeinde, wo sich der gläubige Christ engagiert.

Das größte Kompliment macht ihm sein Gruppenleiter Adam Kowalski: „ Eyobel kommt immer strahlend zur Arbeit. Das gesamte Team mag seine Gelassenheit, seine Ruhe und seine Freude. Wir möchten ihn nicht mehr missen.“ Außerdem sei er sich für keine Arbeit zu schade, er übernehme auch mal eine Schicht am Samstagnachmittag, so Kowalski. Im Frühjahr hat Eyobel seine unbefristete Aufenthaltserlaubnis für Deutschland erhalten.

LEBEN IN FREIHEIT UND FRIEDEN

Auch Yousef und Hussein A. haben eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Die syrischen Brüder wollen im kommenden Jahr sogar einen Antrag auf Einbürgerung stellen. Der Grund: „In Deutschland können wir in Freiheit und Frieden leben und arbeiten“, erzählt der ältere Hussein. Kein Wunder, dass er das so betont. Die Brüder stammen aus Aleppo in Nordsyrien, keine andere Stadt war im Bürgerkrieg bisher so umkämpft. Vor vier Jahren sind sie in das Flüchtlingsprojekt von Rittal eingestiegen, heute arbeiten sie als angelernte Maschinen- und Anlagenführer im Rittal Werk Rittershausen und sind unbefristet angestellt.

WISSENSDURSTIG UND SELBSTSTÄNDIG

Der jüngere Yousef denkt aber schon weiter: „Ich möchte gern die Technikerschule besuchen und mich im Bereich Pneumatik und Hydraulik weiterbilden.“ Gruppenleiter Viktor Ritter kennt Yousefs Selbstbewusstsein: „Sie sind mit Feuer und Flamme bei der Arbeit. Hussein ist sehr wissensdurstig und hat sich selbstständig das Schweißen beigebracht.“ Ritter unterstützt die beiden auch privat, hat ihnen beim Umzug geholfen und gibt ihnen Tipps für den Alltag in Deutschland. Zum Beispiel beim Autokauf. Mit dem Auto fahren die beiden Brüder jetzt immer zur Arbeit, Yousef dreht dann das Radio auf und singt mit. „Am liebsten deutsche Schlager“, erzählt er. Sein Gruppenleiter lacht, als er das hört, und sagt kurz und knapp: „Ich bin froh, dass die beiden in meinem Team sind.“


„Die zwei Brüder sind mit Feuer und Flamme bei der Arbeit. Ich bin froh, dass sie in meinem Team sind.“


Viktor Ritter
Gruppenleiter im Rittal Werk Rittershausen

Teamkollegen bei Rittal

Teamkollegen und Freunde: die Brüder Hussein und Yousef A. und ihr Gruppenleiter Viktor Ritter (von links).

ZUVERLÄSSIG UND LEISTUNGSSTARK

Auch im LKH Kunststoffwerk in Heiligenroth kennt man dieses Gefühl. Dort arbeitet Mohibullah M. aus Afghanistan: Er ist 23 Jahre alt, als er 2015 im Rhein-Lahn-Kreis landet und kein Wort Deutsch spricht. „Eine Rückkehr nach Afghanistan war für mich ausgeschlossen, also begann ich, für meine Zukunft in Deutschland zu kämpfen“, erzählt er. Er stellte sich der Herausforderung und startete über eine Zeitarbeitsfirma als Hilfskraft bei LKH. Zuvor hatte er ein Jahr lang durchgehend Nachtschichten übernommen, um tagsüber Deutschkurse zu besuchen, die er selbst bezahlt hat.


„Durch Wissensdurst, Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein hat sich Mohibullah seinen unbefristeten Vertrag erarbeitet.“


Emre Varol
Gruppenleiter Spritzgruss Produktion im LKH

Mohibullahs Engagement zahlte sich aus: LKH übernahm den Maschinenbediener zum Jahresstart 2019 als eigenen Mitarbeiter. Ein halbes Jahr später hat er sich zum Mehrmaschinenbediener hochgearbeitet und Anfang 2021 einen entfristeten Arbeitsvertrag erhalten. „Das hat er sich durch Wissensdurst, Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein erarbeitet“, erklärt Emre Varol, Gruppenleiter in der Spritzguss Produktion. Auch für LKH Geschäftsführer Volker Hindermann ist diese Entscheidung logisch, weil „wir mit Mohibullah M. einen zuverlässigen, verantwortungsbewussten und leistungsstarken Mitarbeiter gewinnen“.

GROSSES VERTRAUEN

So selbstverständlich ist das aber nicht. Dazu gehört nämlich eine Portion Mut – aufseiten des Arbeitgebers. Im Frühjahr 2016 hat Mohibullah einen Asylantrag gestellt. Ein Jahr später kam die Entscheidung: Er ist aufgrund seines Herkunftslands zunächst nur „geduldet“, woran sich bis heute nichts geändert hat. Dieser Status ist in Deutschland eigentlich mit einem Arbeitsverbot verbunden und nur unter bestimmten Voraussetzungen erhalten Betroffene trotzdem eine Arbeitserlaubnis. Mohibullah wendete sich an die Diakonie Rhein-Lahn und traf dort die Migrationsberaterin Zarmina Ahmadi. „Viele Geflüchtete nehmen die Chance auf Arbeit nicht wahr, weil sie nicht daran glauben“, sagt sie und lobt das LKH Kunststoffwerk wegen seiner Vorbildfunktion: „Das Unternehmen hat Mohibullah trotz seines prekären Aufenthaltsstatus großes Vertrauen geschenkt. Das ist alles andere als selbstverständlich.“

NUR GEDULDET – UND DANN?

Denn deutsche Asylgesetze und strenge Behörden bleiben eine große Hürde. So sind Khaibar F. und Mohibullah M. aus Afghanistan in unserem Land nur „geduldet“. Der Aufenthaltstitel für Mohibullah wurde inzwischen verlängert, doch Khaibar drohte die Abschiebung – ein Geflüchteter, der seit acht Jahren in Deutschland lebt, fließend Deutsch spricht, einen sicheren Arbeitsplatz hat und gesellschaftlich komplett integriert ist. Ausbildungsleiter Matthias Hecker setzte alle Hebel in Bewegung, um das zu verhindern.

Er kümmerte sich – unterstützt von Prof. Friedhelm Loh – um ein Schreiben an die zuständige Ausländerbehörde, in dem auf die Konsequenzen für den Mitarbeiter und das Unternehmen hingewiesen wurde. Ein mutiger Schritt. Inzwischen sind die radikalislamistischen Taliban in Afghanistan an der Macht. Das Bundesinnenministerium hat verfügt, vorerst keine Menschen nach Afghanistan abzuschieben – das macht Khaibar Mut für die Zukunft in einer friedlichen Heimat.

Zitat Prof. Friedhelm Loh

„Die Möglichkeit, zu arbeiten und sich eine neue Existenz aufzubauen, ist essenziell für ein sinnerfülltes Leben. Daher unterstützen und fördern wir Menschen, die eine neue und friedliche Heimat suchen.“


Prof. Dr. Friedhelm Loh
Inhaber und Vorstandsvorsitzender der Friedhelm Loh Group

*Die vollständigen Namen sind der Redaktion bekannt.

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