Das Magazin der Friedhelm Loh Group

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Brasilien
Praxis – Informationstechnologie

Forschungsstation der Spitzenklasse

Hirnforschung. Im Bundesstaat São Paulo steht eins der größten Wissenschaftsprojekte Brasiliens: das Laboratório Nacional de Luz Síncroton. Eines der vielen Ziele der Forschungsarbeit im dortigen Teilchenbeschleuniger: das menschliche Gehirn erforschen, um mehr über die Krankheit Parkinson zu erfahren. Dabei kommen Schaltschränke von Rittal zum Einsatz – aus einem bestimmten Grund.

Text Christine Wollowski ––– Fotografie

Aus der Luft gesehen wirkt der silbern glänzende gigantische Rundbau wie eine soeben gelandete fliegende Untertasse. Das futuristische Gebäude ist 15 Meter hoch und mit seinen 68.000 Quadratmetern so groß wie das Maracanã-Fußballstadion. Es ist ein wahr gewordener Forschertraum: Hier in Campinas, im brasilianischen Bundesstaat São Paulo, entsteht mit dem Projekt Sirius gerade einer der größten Teilchenbeschleuniger der Welt. „Sirius gelangt sehr nah an die Grenzen dessen, was mit heutiger Ingenieurtechnik gebaut werden kann. Hier wird mindestens ein Jahrzehnt lang international führende Wissenschaft produziert werden“, prophezeit der Physiker Antônio José Roque da Silva. 

Er ist Generaldirektor des dort ansässigen nationalen Zentrums für Energie- und Materialforschung (CNPEM) und leitet das Projekt Sirius. Er schätzt, dass Untersuchungen, die heutzutage zehn Stunden dauern, mit Sirius, einem Beschleuniger der vierten Generation, in zehn Sekunden abgeschlossen sein werden. 

Im November 2018 wurde das erste Etappenziel erreicht: Zwei der drei Beschleuniger und das Gebäude waren damals fertig. Seitdem wurde in Brasilien eine neue Regierung gewählt, das Land steckt weiterhin in einer finanziellen Krise. Doch nichts bringt das größte Land Südamerikas davon ab, dieses Zukunftsprojekt voranzutreiben. Umgerechnet mehr als vier Millionen Euro stellt das brasilianische Ministerium für Wissenschaft, Technologie, Innovation und Kommunikation für das Forschungszentrum bereit, in dem Wissenschaftler aus aller Welt völlig neuartige Experimente realisieren können.

Inzwischen sind alle drei nacheinander geschalteten Teilchenbeschleuniger installiert. Ein erster Elektronenstrahl zirkulierte am 8. März 2019: ein Meilenstein beim Bau des Synchrotonstrahlungserzeugers im Forschungszentrum CNPEM. Synchrotonlicht entsteht, wenn die vorbeschleunigten Teilchen in der letzten Etappe nahezu Lichtgeschwindigkeit erreichen und bei rund 600.000 Umdrehungen pro Sekunde ihre Laufbahn durch Magnetfelder abgelenkt wird. Es ermöglicht hochaufgelöste Bilder von verschiedenen organischen und anorganischen Materialien und Prozessen, etwa von Viren, Gestein, Proteinen, Pflanzen, Metallverbindungen und menschlichen Körperteilen.

Weitere Informationen über das Projekt Sirius erhalten Sie hier.

Matheus Fonseca ist begeistert. Der 28-jährige Forscher des CNPEM beschäftigt sich seit Jahren mit neurodegenerativen Störungen, vor allem mit der Parkinsonkrankheit, an der weltweit zurzeit sechs Millionen Menschen leiden. „Mit dem Synchrotonlicht von Sirius kann ich ein menschliches Gehirn in einer einzigen Analyse sowohl millimetergenau als auch nanometrisch untersuchen“, erklärt Fonseca. „Außerdem kann ich damit das gesamte Gehirn analysieren – bisher durften Proben maximal sieben Millimeter messen.“ Damit und durch die extrem verbesserte Auflösung der Aufnahmen erhofft Fonseca sich Erkenntnisse darüber, wie und wo genau die Krankheit entsteht, um exakt dort mit der Behandlung ansetzen zu können. Das Projekt Sirius sieht er als bahnbrechend für die Forschungswelt. „Vielleicht finden wir damit Heilungsmethoden für bislang unheilbare neurodegenerative Erkrankungen! Ich bin sehr stolz darauf, dass diese Maschine von brasilianischen Forschern gebaut wurde“, sagt er.

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