Text Thomas Schmelzer ––– Fotografie
Zwei Teams, eine Aufgabe: die Vermessung des Maschinenhauses einer Windkraftanlage mit Festlegung von 50 Leitungen. Mit dieser Probe aufs Exempel wollte Nordex, der weltweit fünftgrößte Hersteller von Windkraftanlagen, herausfinden, ob sich mittels einer softwaregestützten Kabelbaumplanung tatsächlich die Konstruktionszeit verkürzen lässt. Das Ergebnis: eindeutig. Während die Ingenieure des einen Teams die Leitungslängen anhand eines Prototypen von Hand vermaßen, erledigten ihre Kollegen den Auftrag zeitsparend mit digitaler Hilfe.
Perfektionierte Blechbearbeitung
Mithilfe der Eplan Plattform wollen die Elektrokonstrukteure von Nordex die Entwicklung so weit wie möglich standardisieren.
Früher trug Entwicklungsingenieur Enrico Durka für die Fertigung von Schaltschränken- und boxen Bohrbilder mit einer Schablone auf. Jetzt erledigt Eplan Pro Panel die Arbeit, indem es als Datei direkt an die Bearbeitungsmaschine gesendet wird.
Der Vorteil: Die Software erfasst alle verbauten Teile mit allen Details von Stücklisten und Schaltplänen.
Das Ergebnis: höhere Genauigkeit und geringer Zeitaufwand.
Der Nutzen: Die Lieferzeit für gebohrte Schaltschränke verkürzte sich von mehreren Wochen auf 48 Stunden bis maximal eine Woche.
Martin Richter, verantwortlich für die Kabelbaumplanung bei Nordex, erinnert sich noch gut an das Experiment. „Bei der manuellen Vermessung benötigten die beiden Teammitglieder einen ganzen Arbeitstag, um die genauen Werte aufzunehmen“, sagt er. Am Rechner ging das deutlich schneller. „Dank der Software Eplan Harness proD haben die Kollegen die gleiche Aufgabe in nur einem Drittel der Zeit geschafft.“ Ein weiterer Test bestätigte das Ergebnis, zudem sank die Fehleranfälligkeit deutlich. „Durch Abweichungen im unteren Zentimeterbereich passt der Verlegeweg bei Eplan immer“, so Martin Richter. „Deshalb müssen wir auch bei langen Leitungen keine Zugaben einplanen.“
Den genauen Verlauf der Kabel zu berechnen – zum Turm und von den Schaltschränken zu den Verbrauchern – ist zeit-intensiv. Deswegen „routet“ ihn die Software Eplan Harness proD ganz einfach im 3D-Modell. Martin Richter, verantwortlich für die Kabelbaumplanung, erklärt den Vorteil so: „Die Kabelbäume verlaufen an der Innenseite des Maschinenhauses. Deshalb ist die Längenermittlung ziemlich anspruchsvoll.“ Der Clou von Eplan: Die Software schreibt jedem Kabel Eigenschaften zu, etwa Kontrollpunkte, Biegeradien und selbst die Positionen von Kabelbindern und Erdungsbändern. „Im Ergebnis profitieren wir davon, dass alle Kabellängen, Steckervarianten und weitere Details nun konsistent und eindeutig sind“, sagt Martin Richter. Um die Länge von Adern zu ermitteln, greifen die Elektrokonstrukteure von Nordex auf ein eingespieltes Team zurück: Eplan Pro Panel in Verbindung mit dem Smart Wiring Modul. Grundlage für die Zusammenarbeit sind die Daten des 3D-Montageaufbaus sowie Verbindungsinformationen aus dem Schaltplan. Aus diesen Informationen errechnet Eplan Pro Panel mithilfe eines exakten 3D-Routings die benötigte Länge der Adern. Aus diesem Ergebnis wiederum entsteht ein elektronischer Datensatz, der an den externen Drahtkonfektionierer geschickt wird. Wolfgang Conrad, Leiter der Schaltschrankentwicklung bei Nordex: „Neue Schaltschränke planen wir nur noch mit Eplan Pro Panel und dem Smart Wiring Modul. Das schafft die Voraussetzung für einen hohen Qualitätsstandard.“
Fehler sofort erkennen
Die zentimetergenaue Berechnung komplizierter Kabelbäume ist aber nur ein Ergebnis der Zusammenarbeit von Nordex und Eplan. Auch bei 3D-Montageaufbauten im Schaltschrank schöpft das Unternehmen die Möglichkeiten der Eplan Software voll aus. „Alle verwendeten Bauteile – bis hin zu Schrauben, Muttern und Unterlegscheiben – sind genau erfasst und werden automatisiert den Projekten zugeordnet“, lobt Wolfgang Conrad die hohe Qualität der Schaltpläne. Inkonsistenzen auf der physischen Ebene werden sofort erkannt.
Automatisierte Linienfertigung
Doch der Hersteller von Windkraftanlagen setzt nicht nur bei der Standardisierung seiner Datenbasis auf den Einsatz von Software, sondern auch bei der Automatisierung seiner Linienfertigung. „Unser Ziel ist es, die Möglichkeiten der standardisierten Entwicklung und Fertigung so intensiv wie möglich zu nutzen“, erklärt Wolfgang Conrad.
Aus diesem Grund wollen die Elektrokonstrukteure von Nordex in einem nächsten Schritt die gesamte Windkraftanlage digitalisieren. Schon heute sind mehr als 500 Sensoren in einer einzigen Anlage verbaut – Tendenz steigend. „Wenn wir ein wirklichkeitsgetreues, digitales Versuchsmodell haben, können wir auf einen realen Prototypen für die Konstruktion verzichten und direkt ein Erstmuster für die Fertigung herstellen“, sagt Dr. Klaus Faltin, Head of Electrical Drives and Design bei Nordex. „Wir werden in Zukunft noch stärker mit dem Eplan Viewer arbeiten – zum Beispiel direkt an den Fertigungslinien“, kündigt Dr. Faltin an. Die Testphase läuft …