Text Annika Pellmann und Gregor Karasinski ––– Fotografie
Mittwochnachmittag, 14 Uhr. Zeit für etwas Kultur. Ein Gedanke, den in Amsterdam gerade viele Menschen aus aller Welt zu teilen scheinen: Unermüdlich rotieren die großen Karusselltüren in den Eingangsbereichen des Rijksmuseums. Kunstinteressierte, Touristengruppen und Gelegenheitsbesucher drehen sich in die automatischen Türen hinein – und in einer anderen Welt wieder heraus. Schwer ruhen die steinernen Gewölbe der Eingangshalle über den Besuchern, die sich ihren Weg zu den Ausstellungsräumen bahnen. Huldvoll blickt ein blondes Mädchen, wahrscheinlich blauen Geblüts, im blauen Kleid aus ihrem Rahmen heraus. Ein fetter Schwan geht so offensichtlich in Angriffsposition, dass man meint, ihn fauchen zu hören. Man muss kein Kunstkenner sein, um das Besondere in diesen Werken zu spüren, die Brillanz ihrer Schöpfer.
Das Unternehmen Boon Edam gewährt Eintritt in diese Welt. Nicht nur in Museen – auch in Flughäfen, Hotels, Einkaufszentren und vieles mehr. Denn Karussell- und Sicherheitstüren, Drehsperren, sensorbetriebene Portale und Zugangsschranken sind das Metier des niederländischen Unternehmens aus Edam. Und die sind nicht nur in den Beneluxstaaten gefragt, sondern echte Exportschlager: Das Familienunternehmen betreibt rund 20 internationale Tochtergesellschaften und vertreibt seine Produkte in über 50 Ländern.
Daten Als Erfolgsgeheimnis
„Am Hauptsitz Edam erfolgt die Konstruktion, während unsere Fertigungsanlagen und weitere Entwicklungsteams auf verschiedene Standorte in den Niederlanden, China und in den USA verteilt sind“, erläutert Marcel Schilder, Global IT-Manager bei Boon Edam. Eine spannende Vielfalt in einem schnell wachsenden Unternehmen, die aber auch viele Herausforderungen mit sich bringt.
So etwa die sehr heterogene IT-Landschaft. Über die Jahre sind eine Produktdatenmanagementumgebung sowie Systeminseln in der Konstruktion gewachsen – ohne einheitliche Datenbasis. Damit diese im zunehmenden internationalen Wettbewerb nicht zum Türstopper wird, holte sich Boon Edam im Jahr 2017 Cideon ins Haus. Das Ziel: Prozessautomatisierung und Digitalisierung für mehr Effizienz.
Um das zu erreichen, sollte eine international durchgängige Datenbasis geschaffen werden, eingebettet in ein ganzheitliches Enterprise-Resource-Planning-(ERP-)System von SAP. Die Lösung von Cideon: eine Product-Lifecycle-Management-(PLM-)Vollintegration auf Basis von SAP S/4Hana, dem ERP-Standard der Zukunft. „Eine SAP-Vollintegration in eine bereits bestehende IT-Umgebung ist nicht innerhalb weniger Tage erledigt“, weiß Tina Stürke, Sales EMEA bei Cideon. „Klassischerweise finden hier zunächst Workshops beim Kunden vor Ort statt, an denen verschiedene Fachbereiche teilnehmen – von der Konstruktion bis zum Einkauf.“
Schnell wurde klar: Es mussten lokal erstellte Daten standortübergreifend verfügbar gemacht werden. Als zentrale Anforderung wurde neben einer einheitlichen Datenbasis auch ein auf Rechteverteilung basierender Datenzugriff verschiedener Teams definiert. Die Integration eines bereits am Markt etablierten Produktkonfigurators für ihre Kunden lag Boon Edam ebenfalls am Herzen. Schritt für Schritt arbeiteten sich Consultants und IT-Spezialisten von Cideon gemeinsam mit dem Unternehmen an die optimale Lösung heran. Dirk Hille, Principal Consultant bei Cideon, fasst die weiterführende Beratung zusammen: „Auf Basis der Erkenntnisse des Workshops haben wir einen ersten Prototypen erstellt. In einer sogenannten Sandboxumgebung konnte unser Kunde bereits recht früh eine Rohfassung der späteren Lösung austesten – und uns Feedback geben, wie es läuft und was vielleicht noch nicht ganz passt.“
Die Rückmeldungen wurden von Cideon in die Lösung eingearbeitet, diese wiederum im engen Austausch mit dem Kunden finalisiert. Erst dann startete der eigentliche Implementierungsprozess des Systems. „Zunächst an einem einzelnen Standort, der Rollout an zwei weiteren Standorten ist aktuell in Vorbereitung“, so Dirk Hille. „Doch auch danach ist nicht Schluss. Für Mitarbeiter, die tagtäglich mit der neuen Lösung arbeiten, bieten wir ausführliche Schulungen an.“
Die Lösung im Detail
Die neue PLM-Lösung bei Boon Edam macht es möglich, die auf Autodesk Inventor basierenden Zeichnungen automatisch in SAP zu übernehmen. So wird eine zentrale Quelle mit standortübergreifendem Zugriff unternehmensweit für lokal erzeugte Daten geschaffen. Cideon implementierte hierzu SAP Engineering Control Center (SAP ECTR), die Integrationsplattform von SAP PLM für Autorenwerkzeuge sowie die entsprechende Integration für Autodesk Inventor.
Mittels Customizing wurde auch der Produktkonfigurator von Boon Edam mit dem neuen System in Einklang gebracht. Auch Zeichnungen und Dokumente für den Einkauf werden künftig nach definierten Regeln automatisch erzeugt und kontextbezogen zusammengestellt. Darüber hinaus ermöglichen Konvertertechnologien der Cideon Conversion Engine es Boon Edam, auf Autodesk Inventor basierende Zeichnungen an Nicht-CAD-Arbeitsplätzen anderer Abteilungen oder für externe Partner zur Verfügung zu stellen – in allgemeingültigen Formaten wie dem klassischen PDF. So wird eine unternehmensweite Lesbarkeit der Daten sichergestellt – unabhängig von Originalapplikationen wie CAD-Systemen. „Mit der Einbindung der M-CAD-Umgebung in SAP und der Schulung der Key User ist der Großteil des Projektes bei Boon Edam nun erfolgreich abgeschlossen“, freut sich Dirk Hille.
„In unserem globalisierten Umfeld gibt es zwar viele potenzielle Kunden – zugleich wird der Wettbewerb jedoch immer intensiver“, so Marcel Schilder. Er betont: „Wer in diesem Umfeld erfolgreich bestehen möchte, muss höchste Qualität liefern und sich dem wachsenden Zeit- und Effizienzdruck stellen.“ Mit der neuen Systemlösung ist das Unternehmen fit für die Zukunft.